Abstracts für das XXIII. Anglo-German Colloquium
Die Abstracts sind in der alphebetischen Reihenfolge der Vortragenden gelistet.
Andersen, Elizabeth: Vorbild und Bildung. Hagiographie im norddeutschen Frühdruck
Mittelalterliche Bildungskonzepte setzen konkret bei der Nachahmung exemplarischer Vorbilder an. guot bilde geben ist der Erziehungsauftrag an den Klerus (Renner, 180 klôsterliute ... und ander pfaffen,/ Die got dar zuo geschaffen/ Hât, daz si guot bilde geben / Uns leien an lêre und ouch an leben.). Vor allem aber wird diese Aufgabe den Heiligen und der Vitenliteratur übertragen; wie der Lübecker Drucker der Visionen Birgittas von Schweden betont: das Buch dient zu Ehren der eddelen hylghen vrouwen sunte Birgitten. unde to beteringe unses sundighen levendes. Eine Analyse der sich wandelnden Ausgestaltung hagiographischer Literatur lässt damit Rückschlüsse auf sich verändernde mittelalterliche Bildungskonzept zu.
Während für süddeutsche Vitenliteratur zahlreiche Untersuchungen die Adaptierung der Hagiographie an die wandelnde Hörer- und Leserschaft belegen, ist das für den niederdeutschen Bereich noch nicht geleistet worden. Dabei lässt sich hier durch den großen Einzugsbereich gerade niederdeutscher Drucke, die über den ganzen Hanseraum verbreitet wurden, ein differenziertes Bild zeichnen. Ein besonderes Beispiel dafür ist die Patronin Schwedens, Birgitta von Schweden.
Birgitta von Schweden gestaltete ihre eigenen Reisen bereits mit Bezug auf die Topographie der Heiligen, die sie als Lebensführungsmodell und Inspirationsquelle bezeichnete; nach ihrem Tod wurden ihre Visionen von ihren Beichtvätern genau auf diese Modelle hin ediert und literarisch überformt, damit ihre Tochter Katharina von Vadstena damit den Kanonisationsprozess betreiben konnte, der bereits 1391 abgeschlossen wurde. Vorbildhaftigkeit wird auch in der Übertragung von Mutter auf Tochter konkretisiert und löst eine Kettenreaktion aus, die das Leben der Tochter einbezieht: Katharina selbst wurde 1484 beatifiziert; beide Viten wurden in die deutschen Legendare aufgenommen; die niederdeutsche Übersetzung der Visionen (Sunte Birgitten Openbaringe, Lübeck: Mohnkopf 1496) strukturiert das Werk so um, dass es noch stärker den Gattungskonventionen eines Heiligenlebens entspricht.
Der Vortrag soll in drei Schritten untersuchen, wie 1) Birgitta und Katharina von Schweden ihr Leben an dem Vorbild der Heiligen ausrichten, wie 2) die angestrebte Kanonisierung die literarische Gestaltung der 'Revelationes' beeinflusst bzw. die Visionärin zur Heiligen wird, und 3) das vorbildhafte Leben in der niederdeutschen Adaptierung und Verbreitung im Frühdruck immer stärker zum Schlüsselkonzept der Textaufbereitung wird. Das Textkorpus dafür bilden neben dem Mohnkopf-Druck die niederdeutschen Legendare und die Viten Birgittas von Johannes Tortsch und Katharinas von Ulf Birgersson; Hagiographie wird damit nicht nur als Schlüsselgattung mittelalterlicher Bildung anschaulich, sondern zeigt gleichzeitig auch die Verbreitungswege norddeutscher Druckproduktion auf.
Während für süddeutsche Vitenliteratur zahlreiche Untersuchungen die Adaptierung der Hagiographie an die wandelnde Hörer- und Leserschaft belegen, ist das für den niederdeutschen Bereich noch nicht geleistet worden. Dabei lässt sich hier durch den großen Einzugsbereich gerade niederdeutscher Drucke, die über den ganzen Hanseraum verbreitet wurden, ein differenziertes Bild zeichnen. Ein besonderes Beispiel dafür ist die Patronin Schwedens, Birgitta von Schweden.
Birgitta von Schweden gestaltete ihre eigenen Reisen bereits mit Bezug auf die Topographie der Heiligen, die sie als Lebensführungsmodell und Inspirationsquelle bezeichnete; nach ihrem Tod wurden ihre Visionen von ihren Beichtvätern genau auf diese Modelle hin ediert und literarisch überformt, damit ihre Tochter Katharina von Vadstena damit den Kanonisationsprozess betreiben konnte, der bereits 1391 abgeschlossen wurde. Vorbildhaftigkeit wird auch in der Übertragung von Mutter auf Tochter konkretisiert und löst eine Kettenreaktion aus, die das Leben der Tochter einbezieht: Katharina selbst wurde 1484 beatifiziert; beide Viten wurden in die deutschen Legendare aufgenommen; die niederdeutsche Übersetzung der Visionen (Sunte Birgitten Openbaringe, Lübeck: Mohnkopf 1496) strukturiert das Werk so um, dass es noch stärker den Gattungskonventionen eines Heiligenlebens entspricht.
Der Vortrag soll in drei Schritten untersuchen, wie 1) Birgitta und Katharina von Schweden ihr Leben an dem Vorbild der Heiligen ausrichten, wie 2) die angestrebte Kanonisierung die literarische Gestaltung der 'Revelationes' beeinflusst bzw. die Visionärin zur Heiligen wird, und 3) das vorbildhafte Leben in der niederdeutschen Adaptierung und Verbreitung im Frühdruck immer stärker zum Schlüsselkonzept der Textaufbereitung wird. Das Textkorpus dafür bilden neben dem Mohnkopf-Druck die niederdeutschen Legendare und die Viten Birgittas von Johannes Tortsch und Katharinas von Ulf Birgersson; Hagiographie wird damit nicht nur als Schlüsselgattung mittelalterlicher Bildung anschaulich, sondern zeigt gleichzeitig auch die Verbreitungswege norddeutscher Druckproduktion auf.
Blom, Alderik: Die altalemannischen Psalmenfragmente. Zur Struktur, Interpunktion und Pragmatik einer althochdeutschen Interlinearversion.
In den letzten zwanzig Jahren hat eine grundlegende Neubewertung der althochdeutschen Interlinearversionen des frühen neunten Jahrhunderts stattgefunden. Während die ältere Forschung dazu neigte, diese durchgängig zwischen die Zeilen bestimmter lateinischer Schlüsseltexte geschriebenen volkssprachigen Glossierungen für mehr oder weniger erfolgreiche Übersetzungen zu halten, hat sich in den letzten Jahren eine völlig andere Herangehensweise etabliert. Die erhaltenen Interlinearversionen spiegeln lediglich den niedergeschriebenen Teil eines komplexen Texterschließungsprozesses wider, der aber ebenfalls mündliche Kommunikation umfasst hat. Heutzutage werden die Interlinearversionen deswegen als Gebrauchstexte für den Unterricht gesehen, die grammatikalische sowie lexikalische Hinweise für das Verständnis des Lateinischen in der Zielsprache bieten.
Dieser Vortrag befasst sich mit den sogenannten Altalemannischen Psalterfragmenten, erhaltenen Fragmenten einer althochdeutschen Interlinearversion des Psalters, denen bislang wenig Aufmerksamkeit geschenkt wurde und die deshalb einer eingehenden Untersuchung mit Berücksichtigung des aktuellen Forschungsansätzen bedürfen. Weil der Text des lateinischen Psalters nicht nur in der täglichen Liturgie des frühmittelalterlichen monastischen Lebens von zentraler Bedeutung war, sondern auch als Hilfsmittel für die Sprachvermittlung sowie den Spracherwerb des Lateinischen zum Einsatz kam, geben die Struktur, Interpunktion und Pragmatik dieser Psalterfragmente einen einzigartigen Einblick in die Vermittlung, den Erwerb und das Verständnis des lateinischen Psalters im neunten Jahrhundert und darüber hinaus Aufschluss über die Funktionsweise des Althochdeutschen innerhalb dieses Prozesses.
Dieser Vortrag befasst sich mit den sogenannten Altalemannischen Psalterfragmenten, erhaltenen Fragmenten einer althochdeutschen Interlinearversion des Psalters, denen bislang wenig Aufmerksamkeit geschenkt wurde und die deshalb einer eingehenden Untersuchung mit Berücksichtigung des aktuellen Forschungsansätzen bedürfen. Weil der Text des lateinischen Psalters nicht nur in der täglichen Liturgie des frühmittelalterlichen monastischen Lebens von zentraler Bedeutung war, sondern auch als Hilfsmittel für die Sprachvermittlung sowie den Spracherwerb des Lateinischen zum Einsatz kam, geben die Struktur, Interpunktion und Pragmatik dieser Psalterfragmente einen einzigartigen Einblick in die Vermittlung, den Erwerb und das Verständnis des lateinischen Psalters im neunten Jahrhundert und darüber hinaus Aufschluss über die Funktionsweise des Althochdeutschen innerhalb dieses Prozesses.
Bauschke, Ricarda: Lernen durch Narration? Die Bildung des Artusritters als erzählerische Herausforderung
Es ist ein Gemeinplatz der altgermanistischen Forschung, dass Hartmanns Artusritter Erec und Iwein aus ihren Fehlverhalten (verligen, verrittern) lernen und sich durch Wiedergutmachungstaten zu sozialen Mitgliedern der Hofgemeinschaft, geeigneten Landesherrschern und idealen Ehepartnern ausbilden. Die narrativen Strategien, über welche der Entwicklungsweg erzählerisch umgesetzt wird, geraten dabei oft aus dem Blick. Da Fokalisierungstendenzen und Möglichkeiten, durch Innendarstellung der Figuren deren Verhalten zu erklären und zu plausibilisieren, in der Vormoderne deutlich schwächer vorhanden sind als in Texten der Neuzeit, müssen dem Rezipienten die Lernprozesse auf andere Arten vermittelt werden. Dass die neuen moralischen Qualitäten, welche die Protagonisten auf ihren Aventiurewegen erlangen, in Aktion vorgeführt werden, also nicht gezeigt wird, wie zum Beispiel Erec anders wird, sondern dass er anders ist, scheint evident; zudem sind Schlüsselszenen wie die Limorsepisode oder Iweins Erwachen mehrfach in ihrem symbolischen Gehalt für den Weg und die innere Umkehr des Helden gewürdigt worden. Mein Vortrag will diese Ergebnisse keineswegs in Frage stellen, sondern vielmehr auf ihnen aufbauen und einen neuen, bisher kaum beachteten Aspekt ins Spiel bringen:
Durch bestimmte, bisweilen ganz kleinteilige Erzählelemente und Akzentsetzungen der Erzählerfigur werden innere Lernprozesse über die Beschreibung äußerer Vorgänge nachvollziehbar gemacht. Benutzt wird – gerade im Erec – eine Metaphorik von Krankheit und Heilung, die einerseits auf medizinisches Wissen der Zeit rekurriert, anderseits dieses aber zugleich problematisiert. Im Vortrag soll diese These anhand einer genaueren Analyse der Zwischeneinkehr am Artushof belegt werden, wo die Königin Erec ein Pflaster der Morgane auflegt. Am Iwein sollen nicht etwa die läuternde Funktion der Ohnmacht sowie die sich anschließende Resozialisierung diskutiert werden; dies ist in der Forschung bereits hinreichend geschehen. Vielmehr wird am Motiv der Salbe, die wiederum von Morgane stammt, zu zeigen sein, dass Hartmann das von ihm benutzte Verfahren, innere Lernprozesse für den äußeren Betrachter narrativ rationalisierbar zu machen, autoreferentiell (und dies mit distanzierend-komischem Impetus) thematisiert. Solche auf der Metaebene angesiedelten deiktischen Elemente sprechen dafür, dass bereits im Mittelalter – und nicht erst aus einer neuzeitlichen Sicht heraus – die reduzierte Perspektivierung von Innenleben als defizitär empfunden wurde und Hartmann diese Lücke durch narrative Ausgleichsstrategien zumindest partiell füllen wollte. Er bildet auf diese Weise bei seinen Adressaten Rezeptionsgewohnheiten aus, welche ein angemessenes Verständnis seiner Erzählwerke gewährleisten sollen. Der ‚Lernerfolg’ beim Publikum würde dann darin bestehen, die narrative Vermittlung von sozialen und emotionalen Lernprozessen im Text zu erkennen und deren semantischen Mehrwert zu verstehen. Die zu erwerbende literarische Kompetenz des Lesers/Hörers wäre dann Teil von Hartmanns poetischer Didaxe.
Durch bestimmte, bisweilen ganz kleinteilige Erzählelemente und Akzentsetzungen der Erzählerfigur werden innere Lernprozesse über die Beschreibung äußerer Vorgänge nachvollziehbar gemacht. Benutzt wird – gerade im Erec – eine Metaphorik von Krankheit und Heilung, die einerseits auf medizinisches Wissen der Zeit rekurriert, anderseits dieses aber zugleich problematisiert. Im Vortrag soll diese These anhand einer genaueren Analyse der Zwischeneinkehr am Artushof belegt werden, wo die Königin Erec ein Pflaster der Morgane auflegt. Am Iwein sollen nicht etwa die läuternde Funktion der Ohnmacht sowie die sich anschließende Resozialisierung diskutiert werden; dies ist in der Forschung bereits hinreichend geschehen. Vielmehr wird am Motiv der Salbe, die wiederum von Morgane stammt, zu zeigen sein, dass Hartmann das von ihm benutzte Verfahren, innere Lernprozesse für den äußeren Betrachter narrativ rationalisierbar zu machen, autoreferentiell (und dies mit distanzierend-komischem Impetus) thematisiert. Solche auf der Metaebene angesiedelten deiktischen Elemente sprechen dafür, dass bereits im Mittelalter – und nicht erst aus einer neuzeitlichen Sicht heraus – die reduzierte Perspektivierung von Innenleben als defizitär empfunden wurde und Hartmann diese Lücke durch narrative Ausgleichsstrategien zumindest partiell füllen wollte. Er bildet auf diese Weise bei seinen Adressaten Rezeptionsgewohnheiten aus, welche ein angemessenes Verständnis seiner Erzählwerke gewährleisten sollen. Der ‚Lernerfolg’ beim Publikum würde dann darin bestehen, die narrative Vermittlung von sozialen und emotionalen Lernprozessen im Text zu erkennen und deren semantischen Mehrwert zu verstehen. Die zu erwerbende literarische Kompetenz des Lesers/Hörers wäre dann Teil von Hartmanns poetischer Didaxe.
Bowden, Sarah: Auf Deutsch lehren. Latein und Volkssprache in kleineren religiösen Gedichten des 12. Jahrhunderts
Es wird oft behauptet, dass die Entwicklung der volkssprachigen Literatur im 12. Jahrhundert von den verschiedenen Reformbewegungen (insbesondere durch die Hirsauer Reform) verursacht wurde, die eine neue Laienreligiosität förderten. Volkssprachige Texte seien für diejenigen geschrieben worden, die keine Lateinkenntnis hatten – entweder Adlige oder Konversen – und sollten diese Leute die Grundsätze der christlichen Theologie lehren. Es handele sich also um Texte, die verschiedene Teile der Liturgie erklären sollten, oder die Wichtigkeit der Beichte, des Jüngsten Gerichts, Himmel und Hölle, und so weiter erläuterten.
Dieses Modell ist allerdings etwas problematisch. Die volkssprachigen Texte sind zum Teil theologisch kompliziert und scheinen für ein ungebildetes Publikum nicht geeignet (was wiederum weitere Fragen zum Bildungsstand der Adligen aufwerfen könnte). Zudem ist die Beziehung zwischen Latein und Volkssprache nicht durch bloße Übersetzung oder Vereinfachung charakterisiert. In meinem Vortrag werde ich volkssprachige Texte untersuchen, die sich entweder direkt mit lateinischen Vorlagen auseinandersetzen und Latein zitieren (z. B. die Auslegung des Paternosters oder die Rede vom glouben des armen Hartmann, die das Glaubensbekenntnis und andere liturgische Elemente zum Teil zitiert) oder einen auf Latein durchgeführten Ritus behandeln (z. B. Deutung der Messgebräuche). Im Zentrum sollen dabei zwei Fragen stehen: Wie werden lateinische Zitate verwendet, um zu lehren? Wird Latein anders bewertet als Deutsch?
Eine direkte Übersetzung von einem Zitat aus dem Lateinischen ins Deutsche kommt nur selten vor und man kann annehmen, dass das Publikum das Wesentliche darin schon verstand, vielleicht weil die liturgischen Zitate so gut bekannt waren. Stattdessen wird das Lateinische häufig zum Ansatzpunkt einer längeren volkssprachigen Auslegung oder theologischen Rede. In der Auslegung des Paternosters z. B. bilden die lateinischen Zitate einen Anstoß dazu, weitere verwandte Themen auf deutsch zu besprechen. So wird der Frage nachgegangen, wie man ein Zitat behandelt, das auf irgendeine Weise transzendent geladen ist, d. h. einen höheren liturgischen oder biblischen Sinn besitzt, und wie diese auratische Sprache ins Deutsche übertragen oder auf Deutsch erklärt werden kann. Es geht nicht nur darum, dass Deutsch und Latein unterschiedlich bewertet werden und verschiedene Funktionen haben, sondern auch darum, wie sie sich in einem Text vermischen und eine pädagogische Wirkung ausüben.
In der Rede vom glouben argumentiert der Erzähler, dass auf Deutsch zu lehren wesentlich anders sei, als auf Latein zu lehren. Dieser Erzähler versteht sich eindeutlig als Lehrer und unterscheidet zwischen der deutschen rede und dem lateinischen buoch als Kommunikationsformen. Obwohl das Deutsche tendenziell dem Hören und das Lateinische tendenziell dem Lesen zugeordnet wird, wird der Unterschied zwischen den Sprachen nicht von der Rezeptionsweise geprägt, denn die rede kann (und soll) ‘gesehen’ wie auch ‘gehört’ werden. Lateinische Schriften werden mit platonischer Wissenschaft verbunden, mit einer menschlichen Weisheit, die mit der einfachen, allumfassenden und ungreifbaren Weisheit Christi kontrastiert wird. Auf Deutsch schreiben heißt aber dieser göttlichen Weisheit näher zu kommen, weil diese Sprache nicht mit Konnotationen der menschlichen Wissenschaft überladen ist. Der Arme Hartmann nennt sein Publikum und sich selbst tumben und es scheint, dass dieses Kennzeichen nicht illiterati bezeichnet oder negativ besetzt ist, sondern eine positive Einfachheit bedeutet. In diesem Text erscheint auf Deutsch lehren nicht nur anders als auf Latein lehren sein, sondern sogar in bestimmter Hinsicht besser lehren.
Das Referat untersucht die Selbstcharakterisierung des Lehrens in deutscher Sprache im 12. Jahrhundert und die Thematisierungen pädagogischer Unterschiede zwischen den Sprachen, sowie ihrer Wechselbeziehung. Diese Untersuchung führt zu weiteren Fragen zur Entwicklung der volkssprachigen literarischen Kultur im 12. Jahrhundert und wie die deutsche Sprache sich als literarisches Sprachmittel definiert.
Dieses Modell ist allerdings etwas problematisch. Die volkssprachigen Texte sind zum Teil theologisch kompliziert und scheinen für ein ungebildetes Publikum nicht geeignet (was wiederum weitere Fragen zum Bildungsstand der Adligen aufwerfen könnte). Zudem ist die Beziehung zwischen Latein und Volkssprache nicht durch bloße Übersetzung oder Vereinfachung charakterisiert. In meinem Vortrag werde ich volkssprachige Texte untersuchen, die sich entweder direkt mit lateinischen Vorlagen auseinandersetzen und Latein zitieren (z. B. die Auslegung des Paternosters oder die Rede vom glouben des armen Hartmann, die das Glaubensbekenntnis und andere liturgische Elemente zum Teil zitiert) oder einen auf Latein durchgeführten Ritus behandeln (z. B. Deutung der Messgebräuche). Im Zentrum sollen dabei zwei Fragen stehen: Wie werden lateinische Zitate verwendet, um zu lehren? Wird Latein anders bewertet als Deutsch?
Eine direkte Übersetzung von einem Zitat aus dem Lateinischen ins Deutsche kommt nur selten vor und man kann annehmen, dass das Publikum das Wesentliche darin schon verstand, vielleicht weil die liturgischen Zitate so gut bekannt waren. Stattdessen wird das Lateinische häufig zum Ansatzpunkt einer längeren volkssprachigen Auslegung oder theologischen Rede. In der Auslegung des Paternosters z. B. bilden die lateinischen Zitate einen Anstoß dazu, weitere verwandte Themen auf deutsch zu besprechen. So wird der Frage nachgegangen, wie man ein Zitat behandelt, das auf irgendeine Weise transzendent geladen ist, d. h. einen höheren liturgischen oder biblischen Sinn besitzt, und wie diese auratische Sprache ins Deutsche übertragen oder auf Deutsch erklärt werden kann. Es geht nicht nur darum, dass Deutsch und Latein unterschiedlich bewertet werden und verschiedene Funktionen haben, sondern auch darum, wie sie sich in einem Text vermischen und eine pädagogische Wirkung ausüben.
In der Rede vom glouben argumentiert der Erzähler, dass auf Deutsch zu lehren wesentlich anders sei, als auf Latein zu lehren. Dieser Erzähler versteht sich eindeutlig als Lehrer und unterscheidet zwischen der deutschen rede und dem lateinischen buoch als Kommunikationsformen. Obwohl das Deutsche tendenziell dem Hören und das Lateinische tendenziell dem Lesen zugeordnet wird, wird der Unterschied zwischen den Sprachen nicht von der Rezeptionsweise geprägt, denn die rede kann (und soll) ‘gesehen’ wie auch ‘gehört’ werden. Lateinische Schriften werden mit platonischer Wissenschaft verbunden, mit einer menschlichen Weisheit, die mit der einfachen, allumfassenden und ungreifbaren Weisheit Christi kontrastiert wird. Auf Deutsch schreiben heißt aber dieser göttlichen Weisheit näher zu kommen, weil diese Sprache nicht mit Konnotationen der menschlichen Wissenschaft überladen ist. Der Arme Hartmann nennt sein Publikum und sich selbst tumben und es scheint, dass dieses Kennzeichen nicht illiterati bezeichnet oder negativ besetzt ist, sondern eine positive Einfachheit bedeutet. In diesem Text erscheint auf Deutsch lehren nicht nur anders als auf Latein lehren sein, sondern sogar in bestimmter Hinsicht besser lehren.
Das Referat untersucht die Selbstcharakterisierung des Lehrens in deutscher Sprache im 12. Jahrhundert und die Thematisierungen pädagogischer Unterschiede zwischen den Sprachen, sowie ihrer Wechselbeziehung. Diese Untersuchung führt zu weiteren Fragen zur Entwicklung der volkssprachigen literarischen Kultur im 12. Jahrhundert und wie die deutsche Sprache sich als literarisches Sprachmittel definiert.
Dicke, Gerd: Pfeffels Verzettelungen. Ein spätmittelalterlicher Prediger in seinen Büchern, Exzerpten und Konzepten.
Ulrich Pfeffel (urk. 1452-92) hatte in Wien, Ingolstadt und wohl auch in Italien studiert und wirkte als Pfarrer in diversen Gemeinden der Diözese Eichstätt, bevor er 1467 zum predicator von St. Lorenz nach Nürnberg, 1471 auf eine Stiftungsprädikatur in Windsheim und 1475 schließlich auf die Eichstätter Domkanzel berufen wurde, die er gut 15 Jahre innehatte. Von Pfeffel besitzen wir, was von volkssprachigen Predigern seiner Zeit sonst kaum je überliefert ist: den Großteil seiner Bibliothek – ca. 250 Titel in 33 zumeist voluminösen und von seiner Hand reich annotierten Sammelhandschriften und 7 Inkunabeln – und in die Bücher eingelegte cedulae mit Notizen, Exzerpten und Predigtkonzepten. Ihre Zahl beläuft sich auf weit über 200, abgefaßt in mikroskopischer Schrift und (abgesehen vom einzig deutschen, einem Sangspruch Muskatblüts von jedoch anderer Hand) ausnahmslos lateinischen Inhalts. Pfeffel verzettelt systematisch und mit geradezu bibliophagem Eifer zusammengelesenes autoritatives Wissen zur Verwertung in der volkssprachlichen Predigt. Gut zwei Dutzend dieser Zettel sind durch Perikopen, Vermerke zum Kirchenjahrsanlaß und Datierungen als Entwürfe und Dispositionen kenntlich, die er zur Umsetzung in die volkssprachliche Predigt mit auf die Kanzel genommen haben dürfte. Die meisten davon hat er nach absolvierter Kanzelrede zu zukünftiger Wiederverwertung zum gleichen Kirchentagsanlaß dann wieder in seine Bücher und an die Stellen zurückgesteckt, aus denen er die Zettelinhalte erarbeitet hatte. Dabei handelt es sich in der Regel um Musterpredigtsammlungen und Predigthandbücher – um preaching tools also, wie sie zumal das 15. Jahrhundert in reicher Zahl hervorbrachte, ohne daß bis anhin genauer untersucht wäre, wie sie gebraucht wurden und welche Bedeutung ihnen für das Lehren, Lernen und Bilden in der volkssprachlichen Predigt – wohl dem zentralen Medium der Laiendidaxe – zukam. Zwar machen Pfeffels Zettel keine Ausnahme vom mißlichen Gattungsgesetz der mittelalterlichen Predigt, der Unerreichbarkeit ihrer historischen Performanz, aber im Verbund mit seinen Büchern gewähren sie aufschlußreiche epistemologische Einsichten in die Arbeitsmittel und Arbeitsweisen eines Predigers wie in den Erwerb, die Organisation und die Vermittlung predigtrelevanten Wissens.
Eikelmann, Manfred, und Silvia Reuvekamp: Wie lernt der Mensch? Anthropologische Betrachtungen der Lern- und Entwicklungsfähigkeit des Menschen in deutschen und lateinischen Texten des Mittelalters
Den niuwen vazzen nieman mac / benemen wol ir êrsten smac.[1] Noch bis in unsere Gegenwart ist es eine geläufige Erfahrung, dass Gefäße aus Ton lange den Geruch oder Geschmack ihres ersten Inhaltes behalten. Wie sich unter kultur- und wissensgeschichtlicher Perspektive zeigen lässt, galt diese in der Alltagswelt gewonnene Erfahrung im Mittelalter zugleich als modellhafte Vorstellung für die geistig-kognitive Prägung des Menschen in der frühen Kindheit und damit für seine Lern- und Entwicklungsfähigkeit. Grundlegend für dieses Verständnis war die (freilich nie ganz unumstrittene) Einsicht, dass der Mensch in seiner persönlichen und intellektuellen Entwicklung nicht so sehr durch seine natürlichen Anlagen, sondern vielmehr seine frühen kindlichen Erfahrungen geprägt ist – und dies sogar so nachhaltig, dass die in der ersten Lebensphase erworbenen Gewohnheiten und Fähigkeiten später nur noch bedingt zu verändern sind.
Fragt man nun nach den anthropologischen Modellen, die für das Themenfeld des Lehrens, Lernens und Bildens historisch relevant waren, so erweist sich die Vorstellung vom Gefäß, das nach seinem ersten Inhalt schmeckt, als spannendes wie ergiebiges Diskussionsbeispiel, da mit dieser Vorstellung seit dem frühen Mittelalter und bis in die Neuzeit nicht nur grundsätzliche Überlegungen zur kognitiven Entwicklung des Menschen verbunden waren, sondern sich aus ihr in verschiedensten diskursiven und literarischen Kontexten ganz konkrete Folgerungen für den Umgang mit Kindern und jungen Menschen ergeben haben. Mit dem Blick auf das Tagungsthema soll unser Referat daher zeigen, wie anhand eines solchen anthropologischen Modells das in gelehrten und volkssprachigen Kontexten verfügbare Wissen über Lernen, Lehren und Bilden des Menschen auf inhaltlicher Ebene über lange Zeiträume grundlegend diskursiv und literarisch verhandelt wird.
Wie detailliert die damit anvisierten Verhandlungen tatsächlich ausfallen, zeigt bereits ein erster Blick auf die Beispiele: So begründet schon Quintilian (Institutiones oratorie, I,1,5) im Zusammenhang mit der Gefäß-Vorstellung, warum Ausbildung und Erziehung für die kognitive Entwicklung von Kindern ungleich wichtiger sind als natürliche Begabung, wobei er – das ist charakteristisch für viele Texte – kleinschrittig erläutert, wie ein förderliches soziales Umfeld aus seiner Sicht zu gestalten wäre und mit welchen Lerninhalten Kinder zuerst konfrontiert werden sollten. Auch der Kirchen-vater Hieronymus nutzt in seinen Briefen (Ad Laetam de Institutione Filiae, 107,4,6) das Gefäß-Bild für sein höchst differenziertes Programm christlicher Mädchenerziehung. Er empfiehlt u.a., dem Kind Buchstaben aus Holz oder Metall als Spielzeug anfertigen zu lassen und ihm den Klang der Laute in einem kleinen Lied zu vermitteln, das immer wieder verändert werden muss. In Diskurszusammen-hängen von solchem Zuschnitt fungiert das Gefäß-Bild gleichsam als Leitmodell, aus dem eine Fülle einzelner Überlegungen und Argumente generiert werden kann. Beobachten lässt sich dies allerdings nicht nur in lateinisch gelehrten Diskursen, sondern auch in der Volkssprache, etwa wenn – z. B. bei Berthold von Regensburg (Predigten 1,3,34,21-25; 1,3,35,28-30; 1,30,483,20-21), Rulman Merswin (Neunfelsenbuch, 62 u. 63) oder Geiler von Keisersberg (Christlich Pilgerschafft, 85,36-39) – das christ-liche Sündenverständnis zu anthropologischen Betrachtungen darüber führt, wie der Mensch lernt und wie er sich entwickeln kann. In Analysen des reichhaltigen Materials lässt sich zudem beobach-ten, dass die Texte oftmals auch das Zusammenspiel der Kategorien-Trias von Lernen, Lehren und Bilden thematisieren, das heißt: sie diskutieren explizit die Frage, wie zu lehren sei, damit ein Kind oder ein Jugendlicher nicht nur etwas lernt, sondern sich philosophisch oder ethisch bildet.
Unser Referat soll das mittelalterliche Wissensfeld von Lehren, Lernen und Bilden also anhand eines bestimmten prägnanten Fallbeispiels – des Wissens über die kognitive Prägung des Menschen in Kindheit und Jugend – in den Blick nehmen. In der Forschung ist dieses Beispiel bisher nur punktuell für einzelne Autoren, Werke und Verwendungskontexte untersucht worden, obwohl sich hier die Möglichkeit bietet, das Thema des Lehrens und Lernens in lateinischen Bildungsdiskursen wie in deren volkssprachigen Rezeptionen vergleichend zu erforschen. Im Vortrag wollen wir diesen Komplex fokussiert auf drei zentrale Problemaspekte zur Debatte stellen:
Fragt man nun nach den anthropologischen Modellen, die für das Themenfeld des Lehrens, Lernens und Bildens historisch relevant waren, so erweist sich die Vorstellung vom Gefäß, das nach seinem ersten Inhalt schmeckt, als spannendes wie ergiebiges Diskussionsbeispiel, da mit dieser Vorstellung seit dem frühen Mittelalter und bis in die Neuzeit nicht nur grundsätzliche Überlegungen zur kognitiven Entwicklung des Menschen verbunden waren, sondern sich aus ihr in verschiedensten diskursiven und literarischen Kontexten ganz konkrete Folgerungen für den Umgang mit Kindern und jungen Menschen ergeben haben. Mit dem Blick auf das Tagungsthema soll unser Referat daher zeigen, wie anhand eines solchen anthropologischen Modells das in gelehrten und volkssprachigen Kontexten verfügbare Wissen über Lernen, Lehren und Bilden des Menschen auf inhaltlicher Ebene über lange Zeiträume grundlegend diskursiv und literarisch verhandelt wird.
Wie detailliert die damit anvisierten Verhandlungen tatsächlich ausfallen, zeigt bereits ein erster Blick auf die Beispiele: So begründet schon Quintilian (Institutiones oratorie, I,1,5) im Zusammenhang mit der Gefäß-Vorstellung, warum Ausbildung und Erziehung für die kognitive Entwicklung von Kindern ungleich wichtiger sind als natürliche Begabung, wobei er – das ist charakteristisch für viele Texte – kleinschrittig erläutert, wie ein förderliches soziales Umfeld aus seiner Sicht zu gestalten wäre und mit welchen Lerninhalten Kinder zuerst konfrontiert werden sollten. Auch der Kirchen-vater Hieronymus nutzt in seinen Briefen (Ad Laetam de Institutione Filiae, 107,4,6) das Gefäß-Bild für sein höchst differenziertes Programm christlicher Mädchenerziehung. Er empfiehlt u.a., dem Kind Buchstaben aus Holz oder Metall als Spielzeug anfertigen zu lassen und ihm den Klang der Laute in einem kleinen Lied zu vermitteln, das immer wieder verändert werden muss. In Diskurszusammen-hängen von solchem Zuschnitt fungiert das Gefäß-Bild gleichsam als Leitmodell, aus dem eine Fülle einzelner Überlegungen und Argumente generiert werden kann. Beobachten lässt sich dies allerdings nicht nur in lateinisch gelehrten Diskursen, sondern auch in der Volkssprache, etwa wenn – z. B. bei Berthold von Regensburg (Predigten 1,3,34,21-25; 1,3,35,28-30; 1,30,483,20-21), Rulman Merswin (Neunfelsenbuch, 62 u. 63) oder Geiler von Keisersberg (Christlich Pilgerschafft, 85,36-39) – das christ-liche Sündenverständnis zu anthropologischen Betrachtungen darüber führt, wie der Mensch lernt und wie er sich entwickeln kann. In Analysen des reichhaltigen Materials lässt sich zudem beobach-ten, dass die Texte oftmals auch das Zusammenspiel der Kategorien-Trias von Lernen, Lehren und Bilden thematisieren, das heißt: sie diskutieren explizit die Frage, wie zu lehren sei, damit ein Kind oder ein Jugendlicher nicht nur etwas lernt, sondern sich philosophisch oder ethisch bildet.
Unser Referat soll das mittelalterliche Wissensfeld von Lehren, Lernen und Bilden also anhand eines bestimmten prägnanten Fallbeispiels – des Wissens über die kognitive Prägung des Menschen in Kindheit und Jugend – in den Blick nehmen. In der Forschung ist dieses Beispiel bisher nur punktuell für einzelne Autoren, Werke und Verwendungskontexte untersucht worden, obwohl sich hier die Möglichkeit bietet, das Thema des Lehrens und Lernens in lateinischen Bildungsdiskursen wie in deren volkssprachigen Rezeptionen vergleichend zu erforschen. Im Vortrag wollen wir diesen Komplex fokussiert auf drei zentrale Problemaspekte zur Debatte stellen:
- mit Blick auf die Frage, inwiefern die Vorstellung vom Gefäß, das nach seinem ersten Inhalt schmeckt, sowohl in der lateinischen Bildungstradition wie der Volkssprache als anthro-pologisches Modell präsent ist und für Überlegungen zum Lehren und Lernen genutzt wird.
- mit Blick auf die vertiefende Frage, wie das mit dem Gefäß-Modell verbundene Wissen text-, gattungs- und diskursübergreifend, verbreitet, transferiert und bearbeitet wird (z.B. in geistlichen Werken und Diskurskontexten);
- schließlich mit Blick auf die für unsere Interpretation entscheidende Frage, wie das Wissen über Lehren, Lernen und Bilden in Kontexten der volkssprachigen Literatur spezifisch versprachlicht und literarisch gestaltet, aber auch umgeschrieben und reflektiert wird.
Fürbeth, Frank: „Dialogizität als wissensvermittelndes und narratives Strukturprinzip in Heinrich Wittenwilers ‘Ring’“
Die literaturhistorische Sonderstellung des vermutlich um 1410 entstandenen ‘Ring’ wird seit bald 100 Jahren mit seiner außergewöhnlichen Verschränkung von Lehre und Bauernhandlung begründet, deren Intention bis heute nicht zufriedenstellend entschlüsselt ist und die deshalb von der Forschung immer wieder als konstitutives Merkmal des Werkes und damit seiner „Rätselhaftigkeit“ aufgefaßt wird; dieses „Rätsel“ des ‘Ring’ ist damit geradezu zum Topos der Forschung geworden. Um so erstaunlicher dabei ist allerdings, daß der Art der Verschränkung noch kaum nachgegangen worden ist. So wird zwar immer wieder konstatiert, daß die Wissensbestände nicht von einem Lehrer mitgeteilt werden, dessen Autorität auf seiner Meister- und Kennerschaft in dem betreffenden Wissensgebiet beruht, sondern von den Bauern selbst, die ihre Wissenskompetenz durch die falsche Anwendung des Wissens sofort wieder desavouieren; damit stelle sich die für den ‘Ring’ zentrale Frage, wie dieser narrativ entfaltete Widerspruch zwischen Wissensvermittlung einerseits und der Unfähigkeit in der Umsetzung des Wissens andererseits zu interpretieren sei, ob etwa als bloße Umsetzung des prodesse et delectatio-Prinzips, als satirische Spitze gegen die Bauern oder, wozu die neueren Ansätze neigen, als Infragestellung und Dekonstruktion von Wissensvermittlung überhaupt.
Bislang unhinterfragt geblieben ist dabei das zentrale Prinzip der Dialogizität von Wissenvermittlung, das Wittenwiler benutzt und das in den theoretischen Reflektionen seit Isidor von Sevilla und praktischen Ausformungen als Lehrdialoge seit dem Frühmittelalter von Cardelle de Hartmann in ihrer Habilitationsschrift 2007 in grundlegender Weise dargelegt und untersucht worden ist. Abgesehen von der sog. Ehedebatte im ‘Ring’, die allerdings nach dem Prinzip einer universitären disputatio strukturiert ist, ist die jeweiligen wissensvermittelnde und narrative Funktion der einzelnen Lehrdialoge im ‘Ring’ noch nicht untersucht worden, wobei mehreren Aspekten nachzugehen wäre:
Bislang unhinterfragt geblieben ist dabei das zentrale Prinzip der Dialogizität von Wissenvermittlung, das Wittenwiler benutzt und das in den theoretischen Reflektionen seit Isidor von Sevilla und praktischen Ausformungen als Lehrdialoge seit dem Frühmittelalter von Cardelle de Hartmann in ihrer Habilitationsschrift 2007 in grundlegender Weise dargelegt und untersucht worden ist. Abgesehen von der sog. Ehedebatte im ‘Ring’, die allerdings nach dem Prinzip einer universitären disputatio strukturiert ist, ist die jeweiligen wissensvermittelnde und narrative Funktion der einzelnen Lehrdialoge im ‘Ring’ noch nicht untersucht worden, wobei mehreren Aspekten nachzugehen wäre:
- Analyse und Typisierung der Lehrdialoge nach Wissensinhalt sowie Meister (Sprecher)- und Schüler(Frager)-Rollen und -Personen
- Verortung der feststellbaren Typen in der Tradition der Lehrdialoge
- Funktion der einzelnen Typen im wissensvermittelnden und narrativen Kontext des ‘Ring’
- Vergleich der Lehrdialoge mit anderen Formen der Wissensvermittlung im ‘Ring’ (etwa der disputatio der Ehedebatte, des auffälligerweise vom Sprecher-Ich referierten Städtekatalogs oder der ebenfalls vom Sprecher-Ich eingestreuten gnomischen Lehren)
- vergleichende Analyse der Lehrdialoge als Form der Wissenvermittlung einerseits mit den jeweiligen Inhalten und dem wissensorganisierenden Gesamtprinzip des ‘Ring’ nach dem aristotelisch-universitäten Muster der philosophia practica andererseits.
Gerok-Reiter, Annette: Mystisches Wissen und soziale Praxis. Transferprozesse des Lehrens, Lernens und Bildens zwischen personalem und öffentlichem Raum
Weibliche Autorschaft in der Mystik steht in einem Kontext an klerikalen, meist gendergeprägten Bildungstraditionen. Weibliche Autorschaft muss in ihrem Anspruch der öffentlichen Rede erklärt, begründet, rechtfertigt werden, zumal dann, wenn mit der weiblichen Autorschaft zugleich die Volkssprache als zunächst zweitrangige, ja inferiore ,Bildungssprache’ zur Anwendung kommt. Kommt es zudem zum Anspruch des Belehrens, der über die ,öffentliche Aussprache’ hinausweist, werden die ideologischen Hürden des Transferprozesses noch einmal höher.
An diesen Hürden setzt der Vortag an. Dabei versucht er auf drei Ebenen die Hürde bzw. ihre Überwindung zu konturieren:
An diesen Hürden setzt der Vortag an. Dabei versucht er auf drei Ebenen die Hürde bzw. ihre Überwindung zu konturieren:
- ,Kognitives’ Wissen und ,intuitives’ Wissen (Ebene der Wissensdiskurse und ihrer Umsetzung): Wie lassen sich in den zu untersuchenden Texten ,kognitives Wissen’ und ,intuitives Wissen’ unterscheiden (siehe Call for Papers S. 2). Wie werden in der Spannung beider Wissensformationen neue Prozesse des Sich-Bildens sichtbar und relevant? Wie trägt diese (möglicherweise) neue Bildungsvorstellung zur jeweiligen Ich-Inszenierung gerade der weiblichen Autorinnen bei?
- Visio und Belehrung (sprachliche und bildliche Ebene): Aufgrund welcher Sprach- und Bildsignale, aufgrund welcher rhetorischen Wendungen, narrativen Strukturen und Themenbereiche lässt sich in den Texten markieren, dass ein lediglich auf das eigene Erfahren bezogenes ,intuitives’ Wissen den personalen Raum überschreitet und zum öffentlichen ,Anspruch’ wird, der nicht nur der Ich-Inszenierung, der Selbstvergewisserung und der memoria dient, auch nicht nur die Weitergabe von Erfahrung impliziert, sondern tatsächlich ,Belehrung’ anvisiert und damit als soziale Praxis den personalen Erfahrungsraum übersteigt.
- Klosterraum und öffentlicher Raum (Ebene der Erfahrungs- und Handlungsverortung): In welchem Verhältnis stehen die dargebotenen Erfahrungen, die an die Ich-Inszenierung innerhalb eines durch die hierarchischen Diskurse des Klosters geprägten Raums gebunden sind, zu Fragen der Sozialkritik, der Kritik am Kloster, der Kritik an Gott. Wann, wie und mit welchen Mitteln werden kritische Aspekte lanciert, eingebunden oder offen artikuliert? Bleiben sie dabei im Bereich des bloßen Konstatierens oder sind sie mit dem Anspruch des Belehrens verbunden, d.h. verdichtet sich die Kritik zu einem ,Belehren-Wollen’ aus weiblichem Mund und damit zu einer Umpositionierung der traditionellen Lehrer-Schüler-Positionen?
Harris, Nigel: Lehren und Bilden in den Schriften eines spätmittelalterlichen „Machtmenschen“: Bischof Ulrich II. Putsch von Brixen
Historiker kennen den Donauwörther Patrizier Ulrich Putsch vor allem als ehrgeizigen, zänkischen, intensiv in weltliche Geschäfte verwickelten Kleriker, der, nachdem er vor 1407 nach Tirol gekommen war, in seiner Wahlheimat eine geradezu glänzende politische Karriere machte. Er war z B. Kanzler des Herzogs Friedrich IV. und schließlich (zwischen 1427 und seinem Tode 1437) Bischof von Brixen – in welcher Eigenschaft er die für ihn bezeichnende Akribie und Hartköpfigkeit nicht zuletzt in verschiedenen Konflikten mit dem Adel des Hochstifts zur Schau stellte. Zu seinen eifrigsten Gegnern gehörte bekanntlich Oswald von Wolkenstein, in dessen Lied Kl. 104 er – so zumindest die gängige Forschungsmeinung – als ‚Üli’ und ‚ain kleinen ungenant’ eine nicht gerade ruhmreiche Rolle spielt.
Relativ unerforscht bleibt dagegen Ulrichs eigenes literarisches Schaffen. Der germanistischen Literaturwissenschaft ist allenfalls sein 1426 verfertigtes Liecht der sel einigermaßen bekannt. Es handelt sich dabei um eine umfangreiche, z.T. allzu genaue Übersetzung des lateinischen frömmigkeitstheologischen Sammelsuriums, das gemeinhin als Lumen anime C firmiert. Während seines Brixener Episkopats schrieb Ulrich aber auch (und zwar eigenhändig, das Autograph ist in Bozen erhalten) ein lateinisches Diarium, in dem er sich als Seelsorger, aber auch als Territorialherrn, Politiker, Bauherrn und Literaturmäzen stilisiert. Dieses Tagebuch enthält weiter den Hinweis, dass er 1431 einige ‚oraciones super missam’ verfasst habe. Gemeint ist sicherlich der Zyklus von 23 Messgebeten, der in zwei lateinschen (Stams, ca. 1440; München, ca. 1507) sowie in 15 meist sehr späten deutschen Handschriften einem ‚reverendissimo in Christo pater ac domino domino Udalrico episcopo Brixinensis’ zugeschrieben wird. Schließlich ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch ein lateinisches Manuale simplicium sacerdotum libros non habencium (5 Handschriften) dem Brixner Bischof zuzuerkennen: zwei frühe Handschriften (1434, ca. 1440) schreiben ihm diesen auf dem Rationale divinorum officiorum des Wilhelmus Durandus fußenden Text zu, und gegen seine Autorschaft ist m.W. nichts einzuwenden.
Bis Sommer 2013 sollte Ulrichs Gesamtoeuvre in Erst- bzw. Neueditionen von mir vorliegen (das Diarium wurde 1892 von Victor Schaller abgedruckt, alles andere ist bis jetzt nur handschriftlich verfügbar gewesen). Damit soll der Forschung die Möglichkeit gegeben werden, seine Werke auch unter literarischen und kulturhistorischen Gesichtspunkten zu erschließen. Das für die Nottinghamer Tagung konzipierte Referat über ‚Lehren und Bilden’ bei Ulrich soll einen ersten Schritt in dieser Richtung darstellen.
Ulrich ist keineswegs in erster Linie Lehrer gewesen. Bei aller geltungssüchtigen Selbstbezogenheit scheint er es aber als Teil seiner priesterlichen, später bischöflichen Funktion gesehen zu haben, sowohl seine ärmeren Mitgeistlichen als auch die unter deren Obhut stehenden Laien über zentrale Glaubensfragen schriftlich zu unterrichten. Alle seine Werke besitzen also zumindest zweitrangig eine erkennbar didaktische Intention. Am deutlichsten gilt dies vielleicht für das Manuale. Dieses Werk versucht explizit, die für bildungswillige, über keine Bibliothek verfügende, trotzdem aber des Lateinischen mächtige Priester nötigsten Anweisungen zur angemessenen Amtsausübung ,zwischen zwei Deckel’ zu bringen – wobei eine Analyse der zahlreichen Abweichungen vom seinem Quellentext (Durandus) eine präzisere Vorstellung von Ulrichs didaktischen Zwecken und Methoden ermöglichen sollte. Die Messgebete richten sich dagegen an laikale Gottesdienstbesucher, die sie während der Messe in stiller (!) Andacht überdenken und auch rezitieren sollen. Zu analysieren wären hier z.B. die Modalitäten der primären Rezeption dieser Gebete (wurden sie etwa dem ,Volk’ vom Priester zum Auswendiglernen vorgetragen?) und die Besonderheiten und Überlieferungsbedingungen der deutschen Fassung (die von Ulrich selbst stammen k ö n n t e ).
Im Falle des Liechts der sel war Ulrich ganz offensichtlich als Übersetzer aus dem Lateinischen tätig. Über den Zweck seiner Verdeutschung sagt er jedoch nur, er habe sie unternommen, ‚das manig mensch an der sel mag genesen’. Unverkennbar ist aber ein starker, wenn auch z. T. verworrener und wohl zum Scheitern prädestinierter Doppelimpuls, seinen Lesern nicht nur interessante Predigtstoffe zu liefern, sondern sie auch durch die Vermittlung von oft recht verwickelten und entlegenen naturkundlichen proprietates in die Welt der gelehrten Latinität einzuführen. Über die Folgen dieses didaktischen ‚Doppelimpulses’ für die Rezeption des Liechts informieren nicht zuletzt zahlreiche Aspekte seiner handschriftlichen Überlieferung im späteren fünfzehnten Jahrhundert. Am wenigsten didaktisch orientiert ist schließlich das Diarium. Auch hier merkt man aber bei Ulrich die deutliche Tendenz, sich selbst als beispielhaften Oberhirten hochzustilisieren, aus dessen Taten und Erfahrungen seine Amtsnachfolger Nutzen ziehen könnten. Aufschlussreich ist wieder der handschriftliche Befund: eine wohl von Ulrich in Auftrag gegebene Innsbrucker Kopie des Tagebuches wurde z.B. mit anderen brieflichen Dokumenten so zusammengebunden, dass spätere Brixner Bischöfe die Abschrift vorfinden würden.
Insgesamt kann uns also eine ‚Fallstudie’ des Ulrich Putsch helfen, verschiedene Aspekte des Lehrens, Bildens (und auch Ausbildens) im Spätmittelalter zu verstehen, aber auch zu problematiseren. In seinen Werken kommen nämlich etliche für die Zeit charakteristische Nahtstellen zum Vorschein – von Latein und Volkssprache, von mündlicher und schriftlicher Kommunikation, von auktorialer Intention und handschriftlicher Rezeption, von der Weitergabe von Wissen gegen die von Fertigkeiten, auch von Text und Bild: Ulrich war Kunstmäzen. Welcher Themenkomplex im Referat besonders betont werden sollte, ist mir noch unklar. Momentan scheint es mir aber, als hätte ich vielleicht die Qual der Wahl.
Relativ unerforscht bleibt dagegen Ulrichs eigenes literarisches Schaffen. Der germanistischen Literaturwissenschaft ist allenfalls sein 1426 verfertigtes Liecht der sel einigermaßen bekannt. Es handelt sich dabei um eine umfangreiche, z.T. allzu genaue Übersetzung des lateinischen frömmigkeitstheologischen Sammelsuriums, das gemeinhin als Lumen anime C firmiert. Während seines Brixener Episkopats schrieb Ulrich aber auch (und zwar eigenhändig, das Autograph ist in Bozen erhalten) ein lateinisches Diarium, in dem er sich als Seelsorger, aber auch als Territorialherrn, Politiker, Bauherrn und Literaturmäzen stilisiert. Dieses Tagebuch enthält weiter den Hinweis, dass er 1431 einige ‚oraciones super missam’ verfasst habe. Gemeint ist sicherlich der Zyklus von 23 Messgebeten, der in zwei lateinschen (Stams, ca. 1440; München, ca. 1507) sowie in 15 meist sehr späten deutschen Handschriften einem ‚reverendissimo in Christo pater ac domino domino Udalrico episcopo Brixinensis’ zugeschrieben wird. Schließlich ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch ein lateinisches Manuale simplicium sacerdotum libros non habencium (5 Handschriften) dem Brixner Bischof zuzuerkennen: zwei frühe Handschriften (1434, ca. 1440) schreiben ihm diesen auf dem Rationale divinorum officiorum des Wilhelmus Durandus fußenden Text zu, und gegen seine Autorschaft ist m.W. nichts einzuwenden.
Bis Sommer 2013 sollte Ulrichs Gesamtoeuvre in Erst- bzw. Neueditionen von mir vorliegen (das Diarium wurde 1892 von Victor Schaller abgedruckt, alles andere ist bis jetzt nur handschriftlich verfügbar gewesen). Damit soll der Forschung die Möglichkeit gegeben werden, seine Werke auch unter literarischen und kulturhistorischen Gesichtspunkten zu erschließen. Das für die Nottinghamer Tagung konzipierte Referat über ‚Lehren und Bilden’ bei Ulrich soll einen ersten Schritt in dieser Richtung darstellen.
Ulrich ist keineswegs in erster Linie Lehrer gewesen. Bei aller geltungssüchtigen Selbstbezogenheit scheint er es aber als Teil seiner priesterlichen, später bischöflichen Funktion gesehen zu haben, sowohl seine ärmeren Mitgeistlichen als auch die unter deren Obhut stehenden Laien über zentrale Glaubensfragen schriftlich zu unterrichten. Alle seine Werke besitzen also zumindest zweitrangig eine erkennbar didaktische Intention. Am deutlichsten gilt dies vielleicht für das Manuale. Dieses Werk versucht explizit, die für bildungswillige, über keine Bibliothek verfügende, trotzdem aber des Lateinischen mächtige Priester nötigsten Anweisungen zur angemessenen Amtsausübung ,zwischen zwei Deckel’ zu bringen – wobei eine Analyse der zahlreichen Abweichungen vom seinem Quellentext (Durandus) eine präzisere Vorstellung von Ulrichs didaktischen Zwecken und Methoden ermöglichen sollte. Die Messgebete richten sich dagegen an laikale Gottesdienstbesucher, die sie während der Messe in stiller (!) Andacht überdenken und auch rezitieren sollen. Zu analysieren wären hier z.B. die Modalitäten der primären Rezeption dieser Gebete (wurden sie etwa dem ,Volk’ vom Priester zum Auswendiglernen vorgetragen?) und die Besonderheiten und Überlieferungsbedingungen der deutschen Fassung (die von Ulrich selbst stammen k ö n n t e ).
Im Falle des Liechts der sel war Ulrich ganz offensichtlich als Übersetzer aus dem Lateinischen tätig. Über den Zweck seiner Verdeutschung sagt er jedoch nur, er habe sie unternommen, ‚das manig mensch an der sel mag genesen’. Unverkennbar ist aber ein starker, wenn auch z. T. verworrener und wohl zum Scheitern prädestinierter Doppelimpuls, seinen Lesern nicht nur interessante Predigtstoffe zu liefern, sondern sie auch durch die Vermittlung von oft recht verwickelten und entlegenen naturkundlichen proprietates in die Welt der gelehrten Latinität einzuführen. Über die Folgen dieses didaktischen ‚Doppelimpulses’ für die Rezeption des Liechts informieren nicht zuletzt zahlreiche Aspekte seiner handschriftlichen Überlieferung im späteren fünfzehnten Jahrhundert. Am wenigsten didaktisch orientiert ist schließlich das Diarium. Auch hier merkt man aber bei Ulrich die deutliche Tendenz, sich selbst als beispielhaften Oberhirten hochzustilisieren, aus dessen Taten und Erfahrungen seine Amtsnachfolger Nutzen ziehen könnten. Aufschlussreich ist wieder der handschriftliche Befund: eine wohl von Ulrich in Auftrag gegebene Innsbrucker Kopie des Tagebuches wurde z.B. mit anderen brieflichen Dokumenten so zusammengebunden, dass spätere Brixner Bischöfe die Abschrift vorfinden würden.
Insgesamt kann uns also eine ‚Fallstudie’ des Ulrich Putsch helfen, verschiedene Aspekte des Lehrens, Bildens (und auch Ausbildens) im Spätmittelalter zu verstehen, aber auch zu problematiseren. In seinen Werken kommen nämlich etliche für die Zeit charakteristische Nahtstellen zum Vorschein – von Latein und Volkssprache, von mündlicher und schriftlicher Kommunikation, von auktorialer Intention und handschriftlicher Rezeption, von der Weitergabe von Wissen gegen die von Fertigkeiten, auch von Text und Bild: Ulrich war Kunstmäzen. Welcher Themenkomplex im Referat besonders betont werden sollte, ist mir noch unklar. Momentan scheint es mir aber, als hätte ich vielleicht die Qual der Wahl.
Henkel, Nikolaus: Vergil lesen: Thomas Murners ‚Aeneis‘-Übersetzung als Weg zur Lektüre eines lateinischen Klassikers
Die Werke Vergils sind, insbesondere seine ‚Aeneis‘, die poetologischen Leittexte des westlichen Abendlandes bis weit in die Neuzeit hinein. Thomas Murners (1475-1537) Versübersetzung von Vergils ‚Aeneis‘ ist die erste deutsche und bis zur Übersetzung des Augsburger Meistersingers Johannes Spreng (1610) die einzige. Den 12 vergilischen Büchern ist, entsprechend der Drucküberlieferung der ‚Aeneis‘, das 13. Buch des Maffeo Vegio, in dem die Handlung gewissermaßen „komplettiert“ wird, angehängt. Murners Übersetzung „gehört zu den wichtigsten dt. Übersetzungsleistungen des 16. Jhs.“ (Worstbrock, VL Humanismus 2, 2011, Sp. 356f.).
Murner will, wie er in seiner Widmung an Kaiser Maximilian I. sagt, seine Übersetzung in typischem Humanisten-Gestus verstanden wissen als kulturelle Rettung des großen Werks für die Welt derer, die keinen Anteil an der lateinischen Bildung haben: er habe das Werk des großen Vergil von latynschem todt in tütsches Leben […] erquicket.
Murner setzt neben die deutschen Verse regelmäßig und in dichten Abständen die Initien der jeweils übersetzten Passage des lateinischen Textes. Sie dienen dazu, mit Hilfe der Übersetzung den originalen lateinischen Text lesen und sich daran bilden zu können, ohne dass dazu die Institution der Lateinschule und des Lehrers nötig wäre, wie es Murner formuliert: das meniglich schier on meister Vergilium lesen mög / vnd was geweltigs dalmetschen sie dabei erlernen (ebd.).
Dieses Programm des Lernens anhand der Klassikerlektüre mit Hilfe von Murners Übersetzung ist Gegenstand des Referats.
Murner will, wie er in seiner Widmung an Kaiser Maximilian I. sagt, seine Übersetzung in typischem Humanisten-Gestus verstanden wissen als kulturelle Rettung des großen Werks für die Welt derer, die keinen Anteil an der lateinischen Bildung haben: er habe das Werk des großen Vergil von latynschem todt in tütsches Leben […] erquicket.
Murner setzt neben die deutschen Verse regelmäßig und in dichten Abständen die Initien der jeweils übersetzten Passage des lateinischen Textes. Sie dienen dazu, mit Hilfe der Übersetzung den originalen lateinischen Text lesen und sich daran bilden zu können, ohne dass dazu die Institution der Lateinschule und des Lehrers nötig wäre, wie es Murner formuliert: das meniglich schier on meister Vergilium lesen mög / vnd was geweltigs dalmetschen sie dabei erlernen (ebd.).
Dieses Programm des Lernens anhand der Klassikerlektüre mit Hilfe von Murners Übersetzung ist Gegenstand des Referats.
Holznagel, Franz-Josef: Informierende und belehrende Liedtypen im »Rostocker Liederbuch«
Mit den weltlichen Liederbüchern des 15. und 16. Jahrhunderts wird ein klar umrissenes mediales Format greifbar, welches bestimmte äußere Merkmale (die kleine, einfache Gebrauchshandschrift in Papier) mit typischen Inhalten (nämlich der spätmittelalterlichen Liebeslyrik samt einiger Erweiterungen) und mit charakteristischen Aufzeichnungsmodalitäten kombiniert, unter denen die durchgängig anonyme Tradierungsweise heraus sticht; hinzu kommt, dass die Texte oftmals (wenngleich nicht immer) mit (einstimmig, seltener zweitstimmig notierten) Melodien verbunden werden können.
Bei der Beschreibung der in den Liederbüchern gesammelten Texte und Melodien ist nun zu beachten, dass es einerseits das ‚liederbuchtypische’ Lied als festumrissene literarische Größe nicht gibt. Andererseits kann darauf verwiesen werden, dass die Liederbücher keineswegs einen beliebigen Ausschnitt aus dem Spektrum der im deutschen Spätmittelalter bezeugen lyrischen Formen repräsentieren; vielmehr zeigt eine genauere Analyse, dass sich die meisten Texte der Liederbuchlyrik einem der nachfolgenden fünf Register zuordnen lässt:
Register I: Werbelied (und Verwandtes)
Register II: Tagelieder / Pastourellen
Register III: contre textes / Schwanklieder
Register IV: Gebrauchslyrik zum Tanz und zum geselligen Trinken
Register V: informierende oder belehrende Liedtypen
Der erste Teil des Vortrags beim AGC verdeutlicht diese Binnengliederung des Liederbuch-Diskurses am Beispiel des »Rostocker Liederbuches«. Der zweite Teil stellt dann die Texte vor, die in dieser Handschrift das Register V repräsentieren; außerdem soll nach dem inhaltlichen und funktionalen Zusammenhang zwischen den Liebesliedern des »Rostocker Liederbuchs« und den dort aufgezeichneten informierenden / belehrenden Liedtypen gefragt werden.
Bei der Beschreibung der in den Liederbüchern gesammelten Texte und Melodien ist nun zu beachten, dass es einerseits das ‚liederbuchtypische’ Lied als festumrissene literarische Größe nicht gibt. Andererseits kann darauf verwiesen werden, dass die Liederbücher keineswegs einen beliebigen Ausschnitt aus dem Spektrum der im deutschen Spätmittelalter bezeugen lyrischen Formen repräsentieren; vielmehr zeigt eine genauere Analyse, dass sich die meisten Texte der Liederbuchlyrik einem der nachfolgenden fünf Register zuordnen lässt:
Register I: Werbelied (und Verwandtes)
Register II: Tagelieder / Pastourellen
Register III: contre textes / Schwanklieder
Register IV: Gebrauchslyrik zum Tanz und zum geselligen Trinken
Register V: informierende oder belehrende Liedtypen
Der erste Teil des Vortrags beim AGC verdeutlicht diese Binnengliederung des Liederbuch-Diskurses am Beispiel des »Rostocker Liederbuches«. Der zweite Teil stellt dann die Texte vor, die in dieser Handschrift das Register V repräsentieren; außerdem soll nach dem inhaltlichen und funktionalen Zusammenhang zwischen den Liebesliedern des »Rostocker Liederbuchs« und den dort aufgezeichneten informierenden / belehrenden Liedtypen gefragt werden.
Hübner, Gert: Erzähltes Handeln, kulturelles Handlungswissen und ethischer Diskurs. Überlegungen zur Lehrhaftigkeit von Erzählungen
Das Erkenntnisinteresse des Vortrags gilt den Relationen zwischen den im Tagungsexposé angeführten Kategorien ‚Theoriewissen‘, ‚konkrete Handlungsanweisungen‘ und ‚procedural knowledge‘. Als Handlungswissen verstehen jüngere kulturwissenschaftliche Handlungstheorien dasjenige handlungsbezogene Wissen, das für die jeweilige kulturelle Gemeinschaft ein Wissen über die geglaubte Angemessenheit und Erfolgsträchtigkeit von Handlungszielen und Handlungsmitteln ist. ‚Praxisbezogene Handlungsanweisungen‘ sind deshalb innerhalb einer kulturellen Gemeinschaft in dem Maß unmittelbar plausibel, in dem sie dem jeweiligen kulturellen Handlungswissen entsprechen. Im Fall der Übereinstimmung wird das Begründungsverhältnis nicht als normatives erfahren, sondern als wahrscheinliches: Die Handlungsanweisung beruht als Vorhersage der Handlungskonsequenzen auf kulturellem Wissen, das mit Erfahrung gleichgesetzt wird.
Von diesem als faktisch wirksam geglaubten Handlungswissen unterscheidet sich das ‚Theoriewissen‘ ethischer Diskurse dadurch, dass seine Begründungszusammenhänge explizit und deshalb auch argumentativ bestreitbar sind. In dem Maß, in dem der Geltungsanspruch ethischen Wissens innerhalb der jeweiligen kulturellen Gemeinschaft bestritten werden kann, wird sein Status als normativer erfahren. Aus ethischem Diskurswissen abgeleitete Handlungsanweisungen sind deshalb in dem Maß nicht unmittelbar plausibel, indem das Diskurswissen vom kulturellen Handlungswissen differiert. Der ethische Diskurs, der in der Vormoderne die kulturelle Funktion einer expliziten Handlungstheorie beansprucht, leistet diese Plausibilisierung durch argumentative Begründungsverfahren.
Eine solches handlungs- und wissenstheoretisches Modell unterstellt demnach potentielle Unterschiede zwischen dem Handlungswissen und dem ethischen Wissen einer kulturellen Gemeinschaft, die sowohl die faktische Plausibilität konkreter Handlungen als auch die Form der Plausibilisierung betreffen. Während nun historisches ethisches Wissen als diskursives leicht zugänglich ist, wenn Zeugnisse der jeweiligen Diskurse erhalten sind, ist historisches Handlungswissen schwer zugänglich, weil seine kulturelle Funktion darauf beruht, dass es kein diskursiviertes ‚Theoriewissen‘ ist. Im Unterschied zu gegenwärtigem Handlungswissen kann vergangenes nicht durch empirische – kognitive und soziologische – Methoden erkennbar gemacht werden, sondern nur durch interpretative. Als Zugangsmöglichkeit bieten sich Handlungsdarstellungen und folglich Erzählungen an: Sie müssen Handlungswissen zwar diskursivieren, aber nicht notwendigerweise in explizite begriffliche Begründungszusammenhänge umwandeln.
Im Rahmen des Tagungsthemas soll der skizzierte wissenstheoretische Zugriff dazu dienen, die alte Frage nach der ‚Lehrhaftigkeit‘ von Erzählungen genauer zu profilieren. Normatives Handlungswissen vermitteln Erzählungen nach den Explikationsoptionen des vorgeschlagenen Modells nur, wenn sie ethisches Diskurswissen aktualisieren. Indem Erzählungen dabei auf die Begründungszusammenhänge des ethischen Diskurses zurückgreifen, konstituieren sie normative ‚Lehrhaftigkeit‘ mittels dieser Begründungszusammenhänge.
Die Annahme, dass Erzählungen kulturelles Handlungswissen diskursivieren, liegt immer dort nahe, wo Handlungskonstruktionen nicht mit historisch zur Verfügung stehendem ethischen Diskurswissen erklärbar sind. In solchen Fällen wäre eine Plausibilisierung der erzählten Handlungsziele und Handlungsweisen gemäss den Explikationsoptionen des vorgeschlagenen Modells gar nicht nötig, weil das aktualisierte Handlungswissen die Plausibilität gewährleistet. (Dabei ist selbstverständlich mit vormodernen symbolischen Codierungen und nicht mit modernen Realismuskonventionen zu rechnen.) Von ‚Lehrhaftigkeit‘ im normativen Sinn könnte dann keine Rede sein; die Narration würde vielmehr kulturelles Wissen aktualisieren, das als faktisch richtig galt.
Gegenstand der Modellapplikation soll die Handlungsdarstellung in einigen Mären des 15. Jahrhunderts sein. Das historische Erkenntnisinteresse rekurriert darauf, dass die gattungsgeschichtlich seit dem 13. Jahrhundert erkennbare und zum 15. Jahrhundert hin zunehmend pointierte Ausdifferenzierung tugendethischer und instrumenteller Vernunft in der Forschung unterschiedlich interpretiert wurde, insbesondere als Freisetzung praktischer Klugheit auf der einen und als schwindendes Vertrauen in Ordnungskonzepte auf der anderen Seite. Erzählte praktische Klugheit könnte nach den Explikationsoptionen des vorgeschlagenen Modells nur in dem Maß für historische Rezipienten plausibel gewesen sein, in dem sie mit historisch spezifischem kulturellen Handlungswissen übereinstimmt, das noch zu rekonstruieren wäre. Dieses Handlungswissen wiederum wäre dann ein kulturelles Ordnungskonzept, von dessen nicht begründungsbedürftiger Plausibilität überzeugend erzählt wird, gerade indem die Narration ein damit kontrastiertes ethisches ‚Theoriewissen‘als unplausibel erscheinen lässt. Erzählungen dieser Art würden demnach normative Lehrhaftigkeit geradezu von sich weisen, um die Funktion einer Diskursivierung kulturellen Handlungswissens umso überzeugender geltend zu machen.
Von diesem als faktisch wirksam geglaubten Handlungswissen unterscheidet sich das ‚Theoriewissen‘ ethischer Diskurse dadurch, dass seine Begründungszusammenhänge explizit und deshalb auch argumentativ bestreitbar sind. In dem Maß, in dem der Geltungsanspruch ethischen Wissens innerhalb der jeweiligen kulturellen Gemeinschaft bestritten werden kann, wird sein Status als normativer erfahren. Aus ethischem Diskurswissen abgeleitete Handlungsanweisungen sind deshalb in dem Maß nicht unmittelbar plausibel, indem das Diskurswissen vom kulturellen Handlungswissen differiert. Der ethische Diskurs, der in der Vormoderne die kulturelle Funktion einer expliziten Handlungstheorie beansprucht, leistet diese Plausibilisierung durch argumentative Begründungsverfahren.
Eine solches handlungs- und wissenstheoretisches Modell unterstellt demnach potentielle Unterschiede zwischen dem Handlungswissen und dem ethischen Wissen einer kulturellen Gemeinschaft, die sowohl die faktische Plausibilität konkreter Handlungen als auch die Form der Plausibilisierung betreffen. Während nun historisches ethisches Wissen als diskursives leicht zugänglich ist, wenn Zeugnisse der jeweiligen Diskurse erhalten sind, ist historisches Handlungswissen schwer zugänglich, weil seine kulturelle Funktion darauf beruht, dass es kein diskursiviertes ‚Theoriewissen‘ ist. Im Unterschied zu gegenwärtigem Handlungswissen kann vergangenes nicht durch empirische – kognitive und soziologische – Methoden erkennbar gemacht werden, sondern nur durch interpretative. Als Zugangsmöglichkeit bieten sich Handlungsdarstellungen und folglich Erzählungen an: Sie müssen Handlungswissen zwar diskursivieren, aber nicht notwendigerweise in explizite begriffliche Begründungszusammenhänge umwandeln.
Im Rahmen des Tagungsthemas soll der skizzierte wissenstheoretische Zugriff dazu dienen, die alte Frage nach der ‚Lehrhaftigkeit‘ von Erzählungen genauer zu profilieren. Normatives Handlungswissen vermitteln Erzählungen nach den Explikationsoptionen des vorgeschlagenen Modells nur, wenn sie ethisches Diskurswissen aktualisieren. Indem Erzählungen dabei auf die Begründungszusammenhänge des ethischen Diskurses zurückgreifen, konstituieren sie normative ‚Lehrhaftigkeit‘ mittels dieser Begründungszusammenhänge.
Die Annahme, dass Erzählungen kulturelles Handlungswissen diskursivieren, liegt immer dort nahe, wo Handlungskonstruktionen nicht mit historisch zur Verfügung stehendem ethischen Diskurswissen erklärbar sind. In solchen Fällen wäre eine Plausibilisierung der erzählten Handlungsziele und Handlungsweisen gemäss den Explikationsoptionen des vorgeschlagenen Modells gar nicht nötig, weil das aktualisierte Handlungswissen die Plausibilität gewährleistet. (Dabei ist selbstverständlich mit vormodernen symbolischen Codierungen und nicht mit modernen Realismuskonventionen zu rechnen.) Von ‚Lehrhaftigkeit‘ im normativen Sinn könnte dann keine Rede sein; die Narration würde vielmehr kulturelles Wissen aktualisieren, das als faktisch richtig galt.
Gegenstand der Modellapplikation soll die Handlungsdarstellung in einigen Mären des 15. Jahrhunderts sein. Das historische Erkenntnisinteresse rekurriert darauf, dass die gattungsgeschichtlich seit dem 13. Jahrhundert erkennbare und zum 15. Jahrhundert hin zunehmend pointierte Ausdifferenzierung tugendethischer und instrumenteller Vernunft in der Forschung unterschiedlich interpretiert wurde, insbesondere als Freisetzung praktischer Klugheit auf der einen und als schwindendes Vertrauen in Ordnungskonzepte auf der anderen Seite. Erzählte praktische Klugheit könnte nach den Explikationsoptionen des vorgeschlagenen Modells nur in dem Maß für historische Rezipienten plausibel gewesen sein, in dem sie mit historisch spezifischem kulturellen Handlungswissen übereinstimmt, das noch zu rekonstruieren wäre. Dieses Handlungswissen wiederum wäre dann ein kulturelles Ordnungskonzept, von dessen nicht begründungsbedürftiger Plausibilität überzeugend erzählt wird, gerade indem die Narration ein damit kontrastiertes ethisches ‚Theoriewissen‘als unplausibel erscheinen lässt. Erzählungen dieser Art würden demnach normative Lehrhaftigkeit geradezu von sich weisen, um die Funktion einer Diskursivierung kulturellen Handlungswissens umso überzeugender geltend zu machen.
Jackon, Timothy: James Ussher (1581-1656) und die Verwendung der altdeutschen Literatur im Dienst der Reformation.
James Ussher gehörte als Student zum allerersten Jahrgang der 1592 gegründeten, 1594 geöffneten Universität Dublin. Er wurde 1598 zum Baccalaureus artium, schon 1600 (d.h. nicht einmal zwanzigjährig) zum Fellow von Trinity College, 1601 zum Magister. Im Dezember des gleichen Jahres wurde er von seinem Onkel Henry Ussher, dem protestantischen Erzbischof von Armagh, zum Diakon und Priester geweiht. Seine akademische Laufbahn lief mit dem Divinitatis Baccalaureus 1607 weiter; er wurde zum ‚professor of religious controversies‘ im gleichen Jahr, d.h. schon vor der Promotion 1612, auch in der Divinität. Schon 1609 hatte er die Einladung abgelehnt, Provost (Rektor) des College zu werden, wurde aber dafür Vizekanzler der Universität im Jahr 1615. Und mit der geistlichen Karriere ging es nicht weniger steil aufwärts: 1601 Priester, 1605 Kanzler der Kathedrale von St Patrick in Dublin, 1621 Bischof von Meath; 1625 erreichte er den Gipfel: er wurde vom König James zum Erzbischof von Armagh und somit Primas ernannt.
1623 hatte er seine College- und Universitäts-Ämter aufgegeben und war nunmehr ein fleißiger Geistlicher und dazu Gelehrter – und was für einer. Man kann sagen, er war der erste Wissenschaftler von Rang – und lange Zeit noch der wichtigste – den die junge Universität produziert hatte. In dem Band von William Bates Vitae selectorum aliquot virorum qui doctrina, dignitate, aut pietate inclaruere, London1704, erscheint Ussher als der letzte der dreißig behandelten Würdigen, unter ihnen Savonarola, Erasmus und Scaliger.
In den vielen Büchern, die Ussher publizierte, ist die Geschichte, insbesondere die Kirchengeschichte häufig das Thema, etwa: Annales Veteris et Novi Testamentioder Britannicarum ecclesiarum antiquitates. Immer wieder wollte er zeigen, daß die reformierte Kirche die ursprüngliche, später durch den Einfluß Roms verdorbene, christliche Kirche wiederherstellte. Das gilt auch für seine Historia dogmatica controversiae inter Orthodoxos & Pontificios de Scripturis et sacris vernaculis. Dem Altgermanisten fällt auf, daß er in dieser eine Reihe von mittelalterlichen deutschen Schriftstellern zitiert. Sein Interesse aber gilt nicht der altdeutschen Literatur an sich, sondern er sucht darin Beweise für seine These, daß schon innerhalb der noch unreformierten Kirche der Wert der Volkssprache immer und überall anerkannt wurde.
Folgendes Zitat zeigt seine Methode:
Beatus Rhenanus[2] scribit se Frisingæ in Bibliothecà Divi Corbiniani librum insignem Evangeliorum Francicè, h.e. Germanicè versum inspexisse compositum jussu Waldonis Episcopi scriptum à Sigefrido Presbytero ante sexcentos fermè annos (ut ille inquit) quando Franci Orientales primùm[3] Christo dedere nomen. Titulus libri erat, Liber Evangeliorum in Theodiscam linguam versus; eratque rythmicè conscriptus. Incipit autem Author in præfatione hoc modo.
Nu wil ich schreiban unser heil, Evangeliono deyl: So wir nu hiar bigunnon In Frenckisga zungun.
Versus hos scriptos esse primo tempore ut Franci Christo nomen dedere, colligit non levibus conjecturis Beatus Rhenanus (ait Bibliander[4]) Gretserus[5] autem spiritu Jesuitico Beatum Rhenanum reprehendit, quòd hàc notà veteres illos Germanos seu Francos laudaret, novosque perstringeret.
Interessant sind hier:
1623 hatte er seine College- und Universitäts-Ämter aufgegeben und war nunmehr ein fleißiger Geistlicher und dazu Gelehrter – und was für einer. Man kann sagen, er war der erste Wissenschaftler von Rang – und lange Zeit noch der wichtigste – den die junge Universität produziert hatte. In dem Band von William Bates Vitae selectorum aliquot virorum qui doctrina, dignitate, aut pietate inclaruere, London1704, erscheint Ussher als der letzte der dreißig behandelten Würdigen, unter ihnen Savonarola, Erasmus und Scaliger.
In den vielen Büchern, die Ussher publizierte, ist die Geschichte, insbesondere die Kirchengeschichte häufig das Thema, etwa: Annales Veteris et Novi Testamentioder Britannicarum ecclesiarum antiquitates. Immer wieder wollte er zeigen, daß die reformierte Kirche die ursprüngliche, später durch den Einfluß Roms verdorbene, christliche Kirche wiederherstellte. Das gilt auch für seine Historia dogmatica controversiae inter Orthodoxos & Pontificios de Scripturis et sacris vernaculis. Dem Altgermanisten fällt auf, daß er in dieser eine Reihe von mittelalterlichen deutschen Schriftstellern zitiert. Sein Interesse aber gilt nicht der altdeutschen Literatur an sich, sondern er sucht darin Beweise für seine These, daß schon innerhalb der noch unreformierten Kirche der Wert der Volkssprache immer und überall anerkannt wurde.
Folgendes Zitat zeigt seine Methode:
Beatus Rhenanus[2] scribit se Frisingæ in Bibliothecà Divi Corbiniani librum insignem Evangeliorum Francicè, h.e. Germanicè versum inspexisse compositum jussu Waldonis Episcopi scriptum à Sigefrido Presbytero ante sexcentos fermè annos (ut ille inquit) quando Franci Orientales primùm[3] Christo dedere nomen. Titulus libri erat, Liber Evangeliorum in Theodiscam linguam versus; eratque rythmicè conscriptus. Incipit autem Author in præfatione hoc modo.
Nu wil ich schreiban unser heil, Evangeliono deyl: So wir nu hiar bigunnon In Frenckisga zungun.
Versus hos scriptos esse primo tempore ut Franci Christo nomen dedere, colligit non levibus conjecturis Beatus Rhenanus (ait Bibliander[4]) Gretserus[5] autem spiritu Jesuitico Beatum Rhenanum reprehendit, quòd hàc notà veteres illos Germanos seu Francos laudaret, novosque perstringeret.
Interessant sind hier:
- die (womöglich mittelbaren) Kenntnisse deutscher Texte des Mittelalters – an dieser Stelle erkennt Ussher zwar die Autorschaft Otfrids nicht, anderswo erwähnt er ihn, neben Notker, Williram, Wulfila u.a.;
- die wohl unmittelbare Vertrautheit mit einer Reihe von wissenschaftlichen Quellen;
- die Verwendung der Polemik zur Unterstützung einer These – mit katholischen Gelehrten, die er öffentlich als Feinde behandeln mußte, hat er aber im Interesse der Wissenschaft privat gut mitgearbeitet.
Kern, Manfred : Buch und Sorge. Bildung als Tor zur "schwierigen Welt" in der höfischen Literatur"
Der Vortrag wird von den (bekannten) Buch- und Leseprogrammen bzw. -szenen in Hartmanns Gregorius, Gottfrieds Tristan, aber auch Konrads Weltlohn ausgehen, in denen Lektüreerfahrung oder die Konfrontation mit (nicht zuletzt klerikaler) Buch-Gelehrsamkeit immer auch - aus Figuren- wie auktorialer Sicht - komplexe Welterzeugungen bedeutet, damit auch den Status der Komplexität der Texte selbst erhöht. Die Leitdifferenz ist dabei - plakativ gesprochen - im Widerstreit von (höfischer) Weltlichkeit/Weltbezug und (geistlicher) Weltsorge/Weltentzug angesiedelt, die in den genannten Texten auf je spezifische Weise und im Sinne auch einer poetologischen Differenzierung ihrer ursprünglichen Sujetidentät ausentwickelt wird. Ein Spannungsverhältnis besteht dabei - dies am deutlichsten im Tristan - auch in der Kommunikation von Bildung am Selbst an ein anderes Subjekt, in diesem Fall Isolde, hat also auch eine eminent geschlechtertheoretische und im engeren Sinn pädagogische/geschlechterpädagogische Zielrichtung. Auf einer weniger dezidiert ausnarrativierten Ebene gilt dies aber auch für Hartmann und Konrad von Würzburg. Man könnte die Tendenz einer Pluralisierung von Welthinsichten in den genannten Texten in einem weiteren Schritt den Programmen der Sicherung gegenüberstellen, die etwa Lektüreanweisungen wie jene in Thomasins Welschem Gast propagieren.
Lechtermann, Christina: Sekundärtugenden als Argumente ‚didaktischer’ Transmission
.. lernstu wol/ so issest du dich guter huener vol/ Lernstu vbel/ so mustu mit der Saw vber den kuebel. – Texte, die mit solchen Drohungen beginnen, wie hier die Zirkel- und Richtscheit-Lehre von Heinrich Lautensack (1564), legen offen, dass die Reichweite der kommunikativen Strategien, die die Vermittlung von Wissen und Können sichern sollen, begrenzt ist. Sie spiegeln dabei zugleich einen alten Topos, der besagt, dass derjenige, der durch Schrift und Buch belehrt wird, keine Nachfragen an den ‚Lehrer’ stellen kann, und dokumentieren das konstitutive Ungleichgewicht medialer Wissensvermittlung aus einem andern Blickwinkel: Wer sich bei didaktischen Unternehmungen auf Medien der Distanz verlässt und nicht mit einem Gegenüber interagiert, wird kaum prüfen können, ob seine Bemühungen verfangen haben.
Fachthematische Texte der Frühen Neuzeit bieten ein ganzes Arsenal an Drohungen, Beschwörungen, Warnungen und Empfehlungen auf, die sichern sollen, was gerade im Bereich der artes mechanicae und auch noch angesichts der aufwändigsten textbildlichen Präsentationsstrategien des Buchdrucks völlig ungesichert bleiben muss: nämlich beim Adressaten der Lehre durch Übung, Fleiß und Genauigkeit zusammen mit dem fachlichen Wissen auch einen (psychophysischen) Habitus zu implementieren, der (Er-)Kennen in Können überführt. Ob als Warnung vor Armut und Hunger, ob als Schelte fauler Gesellen oder gar als humoralpathologische Diätetik, die durch eine angemessene Ernährung, eine adäquate Schlafsituation, Unterhaltung durch Musik und v.a. durch Enthaltsamkeit gegenüber der Frauenwelt die ‚Empfangsbereitschaft’ der Belehrten steigern soll, immer wieder werden die Unsicherheiten und Unwahrscheinlichkeiten didaktischer Transmission in den Texten selbst greifbar.
Im geplanten Vortrag sollen diese ‚Appell-Momente’ frühneuzeitlicher fachthematischer Texte aus einer mediologischen Perspektive beobachtet werden, die zusammen mit der Medialität der Übertragung von Wissen zugleich die rhetorischen Figuren und Argumente der (vorinstitutionellen) Sicherung dieser Übertragung in den Blick nimmt. Ein spezifisches ‚Ungleichgewicht’ (Krämer) didaktischer Fernkommunikation, die vielleicht genauer didaktische Transmission (Debray) heißen könnte, erscheit dabei konstitutiv. ‚Sekundärtugenden’ wie Fleiß und Genauigkeit kommt darum, so wird zu zeigen sein, eine doppelte kommunikative Aufgabe zu: Zum einen können sie tatsächlich auf eine übende Rezeption verpflichten. Zugleich jedoch führen sie auch mehr und mehr – z.B. in Vorworten oder Eingangsgedichten – ein Eigenleben und artikulieren dort v.a. einen Geltungsanspruch der Texte als Wissens- und Lehrliteratur. Die Verpflichtung auf Übung – Fleiß und Genauigkeit artikuliert dann weniger die Notwendigkeit einer bestimmten ‚Haltung’ beim Lernen mit dem und durch das Buch, sondern treten vielmehr an, das jeweilige Druckwerk (z.T. unabhängig von ihrer tatsächlichen Gestalt) als Objekt humanistischer Bildung zu empfehlen.
Fachthematische Texte der Frühen Neuzeit bieten ein ganzes Arsenal an Drohungen, Beschwörungen, Warnungen und Empfehlungen auf, die sichern sollen, was gerade im Bereich der artes mechanicae und auch noch angesichts der aufwändigsten textbildlichen Präsentationsstrategien des Buchdrucks völlig ungesichert bleiben muss: nämlich beim Adressaten der Lehre durch Übung, Fleiß und Genauigkeit zusammen mit dem fachlichen Wissen auch einen (psychophysischen) Habitus zu implementieren, der (Er-)Kennen in Können überführt. Ob als Warnung vor Armut und Hunger, ob als Schelte fauler Gesellen oder gar als humoralpathologische Diätetik, die durch eine angemessene Ernährung, eine adäquate Schlafsituation, Unterhaltung durch Musik und v.a. durch Enthaltsamkeit gegenüber der Frauenwelt die ‚Empfangsbereitschaft’ der Belehrten steigern soll, immer wieder werden die Unsicherheiten und Unwahrscheinlichkeiten didaktischer Transmission in den Texten selbst greifbar.
Im geplanten Vortrag sollen diese ‚Appell-Momente’ frühneuzeitlicher fachthematischer Texte aus einer mediologischen Perspektive beobachtet werden, die zusammen mit der Medialität der Übertragung von Wissen zugleich die rhetorischen Figuren und Argumente der (vorinstitutionellen) Sicherung dieser Übertragung in den Blick nimmt. Ein spezifisches ‚Ungleichgewicht’ (Krämer) didaktischer Fernkommunikation, die vielleicht genauer didaktische Transmission (Debray) heißen könnte, erscheit dabei konstitutiv. ‚Sekundärtugenden’ wie Fleiß und Genauigkeit kommt darum, so wird zu zeigen sein, eine doppelte kommunikative Aufgabe zu: Zum einen können sie tatsächlich auf eine übende Rezeption verpflichten. Zugleich jedoch führen sie auch mehr und mehr – z.B. in Vorworten oder Eingangsgedichten – ein Eigenleben und artikulieren dort v.a. einen Geltungsanspruch der Texte als Wissens- und Lehrliteratur. Die Verpflichtung auf Übung – Fleiß und Genauigkeit artikuliert dann weniger die Notwendigkeit einer bestimmten ‚Haltung’ beim Lernen mit dem und durch das Buch, sondern treten vielmehr an, das jeweilige Druckwerk (z.T. unabhängig von ihrer tatsächlichen Gestalt) als Objekt humanistischer Bildung zu empfehlen.
Linden, Sandra: Lieben lernen? Lehrhafte Vermittlung und ihre Problematisierung in den Minnereden
Die Liebe ist ein Bereich, den man aus neuzeitlicher Perspektive nicht primär als ein Feld des Lehrens und Lernens verorten würde, doch in der mittelalterlichen Literatur zeigt sich das Minne-Lehrgespräch als eine beliebte Form, über die Liebe zu handeln: Der Roman kennt die Minnelehre als eher private Diskursform im Eltern-Kind-Gespräch (z.B. Lavinia und ihre Mutter in Veldekes ‚Eneasroman’).[6] Auch der Minnesang hat sich seit dem 13. Jh. zunehmend didaktische Redeweisen erschlossen, wenn man an Autoren wie den Wilden Alexander, Konrad von Würzburg oder den Tannhäuser denkt. Beide Linien widmen sich der Wesensfrage Waz ist minne? und nehmen meist nur am Rande spezifische Verhaltensweisen in der Minneinteraktion in den Blick. Wie diese höfische Minne sich in konkrete regulae amoris fassen und in ein geschlossenes ethisches System fügen lässt, hat Andreas Capellanus in De amore gezeigt, auch die Rezeption von Ovids Ars amatoria ist, eher auf das Vergnügen in der Liebe schauend, ein wichtiger Reflexionspunkt für die lehrhafte Erschließung des Themas in der volkssprachigen Literatur.
Die Minnereden, denen sich der Vortrag widmet, scheinen sich zur Aufgabe genommen zu haben, das im Minnesang proklamierte Ideal über eine Lehre verfügbar zu machen. So bezeichnet Glier (Artes amandi, 1971, S. 16) die Minnerede als „stärker pragmatisch didaktische Variante der Minnedichtung“. Oft geht es dabei nicht nur um die Beantwortung der Kernfrage nach dem Wesen der Minne, sondern um Handlungsregulationen im Verhaltensfeld Minne. Die Minnereden nähern sich ihrem Thema in ganz unterschiedlicher didaktischer Vermittlung, mal wird eine Art Heilslehre der Minne formuliert (Kloster der Minne), mal wartet ein Text eher mit pragmatischen Verhaltensrichtlinien, mitunter sogar mit einer trickreichen Verführungsrhetorik (Konstanzer Minnelehre) auf. Im Vortrag ist zu fragen, wie die Ich-Sprecher ihre Lehrautorität im Text installieren (Erfahrung im Misserfolg?), wie sie sich in der Kommunikation mit übergeordneten Wissensinstanzen wie den Personifikationen verhalten und einen Rollenwechsel vom Belehrten zum Lehrenden vollziehen. Ein besonderer Reiz der Minnereden liegt zudem darin, dass Ich-Rede des Betroffenen und exemplarische Rede der Lehrinstanz oft zusammenfallen.
Minnereden sind nicht als systematische Lehre wie etwa ein Fürstenspiegel zu verstehen. Sie wollen kein wissenschaftliches Lehrwerk sein, sondern Literatur, die eben nicht mit einer 1:1-Umsetzung des Schülers rechnet, sondern in einem literarischen Zirkel unterhalten will und eine Lehrbarkeit der Minne mitunter nur suggeriert. Oft scheint es den Verfassern von Minnereden weniger um den lehrhaften Effekt einer realen Verhaltensänderung des Publikums zu gehen, sondern etwa um die Bereitstellung einer besonders versierten Minneterminologie. Und so entsteht nicht Lehre im strengen Sinne, sondern fiktionale Literatur, die sich aber derselben Redeweisen bedient, wie sie auch der lehrhafte Austausch kennt. Dieser lehrhafte Gestus und die spezifischen Redeweisen, die sich in der lehrhaften Literatur zur Erschließung und pragmatischen Umsetzung eines thematischen Feldes bewährt haben und die die Minnerede sich sekundär aneignet, sollen im Vortrag analysiert werden. Die Minnereden suggerieren zwar immer wieder zuversichtlich eine Lehrbarkeit der Minne im Sinne der artes und wollen dem Leidenden in der Minne mit ihren Ratschlägen helfend zur Seite stehen, wissen aber zugleich, dass sie damit einer Art Machbarkeitsillusion anhängen. Der Vortrag macht sich zur Aufgabe, vor allem auf die Umbruchstellen zu schauen, an denen diese zuversichtliche Pragmatik in die resignative Einsicht umschlägt, dass simple Regelbeherrschung im Wissens- und Erlebensfeld der Minne eben doch nicht zum Ziel führt.
Die Problematisierung einer strikten Lehr- und Lernbarkeit der Minne soll dabei vor allem an den beiden Großformen Minneburg und Hadamars Jagd gezeigt werden. Die Jagd ist ein sehr dynamischer Text, der sich klaren Minnedefinitionen verweigert, zwar viele Regeln für die Jagd expliziert, zugleich aber demonstriert, wie wenig diese Regeln zum Ziel führen. Der vereinsamte Jäger, der am Ende immer noch mit dem Hund Harre weiterjagt, wird so zum Sinnbild für das Scheitern der Lehre. In der Minneburg spricht in der Verschränkung aus materge und underbinden ein zugleich lehrendes und betroffenes Ich.[7] Exemplarisch ist hier das Lehrgespräch zwischen Meister Neptanaus und dem Minnekind im dritten Kapitel zu analysieren, wo das Erreichen einer glücklichen gelungenen Minne explizit von der Beherrschung der Lehre abhängig gemacht wird.
Ein Ergebnis des Vortrags könnte darin liegen, dass die Minnereden kein geschlossenes Lehrsystem, sondern eher eine offene Diskussion über das Phänomen Minne in einem pluralen Parlando bieten, sich dabei jedoch gängiger Rede- und Argumentationsweisen lehrhafter Vermittlung bedienen. In der Minnerede wird das Ideal der Minne, das die höfische Literatur konzeptionell entwickelt hat, in den Formen eines stärker lehrhaften Sprechens fortgeführt und so auf eine neue Diskussionsebene gestellt. Es würde zu kurz greifen, diese Minnelehren lediglich als „Extension fiktionaler Literatur“[8] zu sehen, sondern es gilt, den spezifischen literarischen Reiz herauszuarbeiten, der darin liegt, die radikale Minne den Formen und Denkmustern des lehrhaften Sprechens zu öffnen.
Die Minnereden, denen sich der Vortrag widmet, scheinen sich zur Aufgabe genommen zu haben, das im Minnesang proklamierte Ideal über eine Lehre verfügbar zu machen. So bezeichnet Glier (Artes amandi, 1971, S. 16) die Minnerede als „stärker pragmatisch didaktische Variante der Minnedichtung“. Oft geht es dabei nicht nur um die Beantwortung der Kernfrage nach dem Wesen der Minne, sondern um Handlungsregulationen im Verhaltensfeld Minne. Die Minnereden nähern sich ihrem Thema in ganz unterschiedlicher didaktischer Vermittlung, mal wird eine Art Heilslehre der Minne formuliert (Kloster der Minne), mal wartet ein Text eher mit pragmatischen Verhaltensrichtlinien, mitunter sogar mit einer trickreichen Verführungsrhetorik (Konstanzer Minnelehre) auf. Im Vortrag ist zu fragen, wie die Ich-Sprecher ihre Lehrautorität im Text installieren (Erfahrung im Misserfolg?), wie sie sich in der Kommunikation mit übergeordneten Wissensinstanzen wie den Personifikationen verhalten und einen Rollenwechsel vom Belehrten zum Lehrenden vollziehen. Ein besonderer Reiz der Minnereden liegt zudem darin, dass Ich-Rede des Betroffenen und exemplarische Rede der Lehrinstanz oft zusammenfallen.
Minnereden sind nicht als systematische Lehre wie etwa ein Fürstenspiegel zu verstehen. Sie wollen kein wissenschaftliches Lehrwerk sein, sondern Literatur, die eben nicht mit einer 1:1-Umsetzung des Schülers rechnet, sondern in einem literarischen Zirkel unterhalten will und eine Lehrbarkeit der Minne mitunter nur suggeriert. Oft scheint es den Verfassern von Minnereden weniger um den lehrhaften Effekt einer realen Verhaltensänderung des Publikums zu gehen, sondern etwa um die Bereitstellung einer besonders versierten Minneterminologie. Und so entsteht nicht Lehre im strengen Sinne, sondern fiktionale Literatur, die sich aber derselben Redeweisen bedient, wie sie auch der lehrhafte Austausch kennt. Dieser lehrhafte Gestus und die spezifischen Redeweisen, die sich in der lehrhaften Literatur zur Erschließung und pragmatischen Umsetzung eines thematischen Feldes bewährt haben und die die Minnerede sich sekundär aneignet, sollen im Vortrag analysiert werden. Die Minnereden suggerieren zwar immer wieder zuversichtlich eine Lehrbarkeit der Minne im Sinne der artes und wollen dem Leidenden in der Minne mit ihren Ratschlägen helfend zur Seite stehen, wissen aber zugleich, dass sie damit einer Art Machbarkeitsillusion anhängen. Der Vortrag macht sich zur Aufgabe, vor allem auf die Umbruchstellen zu schauen, an denen diese zuversichtliche Pragmatik in die resignative Einsicht umschlägt, dass simple Regelbeherrschung im Wissens- und Erlebensfeld der Minne eben doch nicht zum Ziel führt.
Die Problematisierung einer strikten Lehr- und Lernbarkeit der Minne soll dabei vor allem an den beiden Großformen Minneburg und Hadamars Jagd gezeigt werden. Die Jagd ist ein sehr dynamischer Text, der sich klaren Minnedefinitionen verweigert, zwar viele Regeln für die Jagd expliziert, zugleich aber demonstriert, wie wenig diese Regeln zum Ziel führen. Der vereinsamte Jäger, der am Ende immer noch mit dem Hund Harre weiterjagt, wird so zum Sinnbild für das Scheitern der Lehre. In der Minneburg spricht in der Verschränkung aus materge und underbinden ein zugleich lehrendes und betroffenes Ich.[7] Exemplarisch ist hier das Lehrgespräch zwischen Meister Neptanaus und dem Minnekind im dritten Kapitel zu analysieren, wo das Erreichen einer glücklichen gelungenen Minne explizit von der Beherrschung der Lehre abhängig gemacht wird.
Ein Ergebnis des Vortrags könnte darin liegen, dass die Minnereden kein geschlossenes Lehrsystem, sondern eher eine offene Diskussion über das Phänomen Minne in einem pluralen Parlando bieten, sich dabei jedoch gängiger Rede- und Argumentationsweisen lehrhafter Vermittlung bedienen. In der Minnerede wird das Ideal der Minne, das die höfische Literatur konzeptionell entwickelt hat, in den Formen eines stärker lehrhaften Sprechens fortgeführt und so auf eine neue Diskussionsebene gestellt. Es würde zu kurz greifen, diese Minnelehren lediglich als „Extension fiktionaler Literatur“[8] zu sehen, sondern es gilt, den spezifischen literarischen Reiz herauszuarbeiten, der darin liegt, die radikale Minne den Formen und Denkmustern des lehrhaften Sprechens zu öffnen.
Matter, Stefan: Mittelhochdeutsche Tagzeitentexte im Spannungsfeld zwischen Liturgie und Privatandacht
Mittelhochdeutsche Tagzeitentexte stellen eine bislang von der Forschung noch kaum näher untersuchte Textgruppe dar, welche in vielerlei Hinsicht an Schnittpunkten zwischen klerikal-literater und laikal-mündlicher Lebenswelten angesiedelt ist und daher in exemplarischer Weise Einsichten in Vermittlungs- und Aneignungsprozesse gelehrten Wissens ermöglicht.
Das lateinische Stundengebet des regulierten Klerus, dessen Texte ab dem hohen Mittelalter im Brevier versammelt wurden, breitete sich schon im 14. Jahrhundert in paraliturgischen Formen in weitere Kreise aus und fand hauptsächlich im Stundenbuch seinen Niederschlag. An diese Tradition schliessen in einer noch nicht näher bekannten Weise die mittelhochdeutschen Tagzeitengedichte an. Bei ihnen handelt es sich um Texte unterschiedlichen Umfangs in Vers und Prosa, die nach den Horen des Stundengebetes (Matutin, Laudes, Prim, Terz, Sext, Non, Vesper, Komplet) in Strophen beziehungsweise Abschnitte gegliedert sind. Die einzelnen Horen werden dabei mit Stationen des Leidensweges Christi, des Mitleidens Mariae oder anderen Betrachtungsgegenständen in Beziehung gebracht. Sie sind also zunächst abzugrenzen zum einen vom – stets lateinischen und schon alleine deshalb nur dem gebildeten Klerus zugänglichen – liturgischen Stundengebet, zum anderen von den in den lateinischen Stundenbüchern enthaltenen Offizien, ebenso aber auch von den volkssprachigen Übersetzungen derselben.
Die mittelhochdeutschen Tagzeitentexte stehen also in einer langen und durch die Liturgie 'geheiligten' Texttradition, die sich gleich mehrfach in das Tagungsthema "Lehren, Lernen und Bilden" integrieren lässt. Zunächst erfüllt das Stundengebet selbst seit der Frühzeit des Christentums die Funktion der Bildung im Sinne einer informatio, die den Menschen nach dem Vorbild Christi zu einem gottgefälligen Menschen formen soll. Dieser vorbildhafte Zweck des Stundengebetes und damit auch der im Stundengebet verwendeten Texte wirkt seinerseits nun vorbildhaft bei der Ausbildung der volkssprachlichen Derivate der Liturgie im Bereich der Tagzeitentexte. Für diese ist das Stundengebet des Klerus das formgebende Muster, hinter welchem das Ideal des bestmöglichen Gotteslobes steht, an welchem es durch ebendiese Verbindung zur Liturgie potentiell auch partizipiert. Insofern sind in diesem Vermittlungs- (Geistliche geben die ihnen vertraute Struktur des Gebetsrhythmus an weitere Kreise weiter) beziehungsweise Aneignungsprozess (noch genauer zu definierende Gruppen haben trotz der Verwendung der Volkssprache an Liturgischem teil) mehrere Stufen von Lehren und Lernen greifbar. Die dabei verwendeten Texte sind zunächst einmal nicht als didaktische konzipiert, trotzdem kommt ihnen bald diese Funktion zu. Zudem entwickelt sich im späteren Mittelalter eine breite Tradition an 'Paratexten', welche ihrerseits auf die Verwendung der Texte des Stundengebetes hinführen und diese mitunter ausführlich erläutern. Das Spektrum dieser Texte reicht von kurzen Gebetsanweisungen bis hin zu ausführlichen Traktaten und Predigten zu Ablauf und Inhalt des Stundengebetes.
In meinem Vortrag möchte ich einzelne der oben skizzierten Stationen dieses Entwicklungsprozesses an konkreten Beispielen nachzeichnen und dabei auch der Frage nach möglichen Verwendungszusammenhängen der mittelhochdeutschen Tagzeitentexte nachgehen. Die meisten dieser Texte sind bisher unediert und unerforscht. In einem auf mehrere Jahre angelegten un Forschungsvorhaben arbeite ich diese Textgruppe momentan systematisch auf. Der Vortrag kann damit erste Einblicke in die Ergebnisse dieser Arbeit geben.
Das lateinische Stundengebet des regulierten Klerus, dessen Texte ab dem hohen Mittelalter im Brevier versammelt wurden, breitete sich schon im 14. Jahrhundert in paraliturgischen Formen in weitere Kreise aus und fand hauptsächlich im Stundenbuch seinen Niederschlag. An diese Tradition schliessen in einer noch nicht näher bekannten Weise die mittelhochdeutschen Tagzeitengedichte an. Bei ihnen handelt es sich um Texte unterschiedlichen Umfangs in Vers und Prosa, die nach den Horen des Stundengebetes (Matutin, Laudes, Prim, Terz, Sext, Non, Vesper, Komplet) in Strophen beziehungsweise Abschnitte gegliedert sind. Die einzelnen Horen werden dabei mit Stationen des Leidensweges Christi, des Mitleidens Mariae oder anderen Betrachtungsgegenständen in Beziehung gebracht. Sie sind also zunächst abzugrenzen zum einen vom – stets lateinischen und schon alleine deshalb nur dem gebildeten Klerus zugänglichen – liturgischen Stundengebet, zum anderen von den in den lateinischen Stundenbüchern enthaltenen Offizien, ebenso aber auch von den volkssprachigen Übersetzungen derselben.
Die mittelhochdeutschen Tagzeitentexte stehen also in einer langen und durch die Liturgie 'geheiligten' Texttradition, die sich gleich mehrfach in das Tagungsthema "Lehren, Lernen und Bilden" integrieren lässt. Zunächst erfüllt das Stundengebet selbst seit der Frühzeit des Christentums die Funktion der Bildung im Sinne einer informatio, die den Menschen nach dem Vorbild Christi zu einem gottgefälligen Menschen formen soll. Dieser vorbildhafte Zweck des Stundengebetes und damit auch der im Stundengebet verwendeten Texte wirkt seinerseits nun vorbildhaft bei der Ausbildung der volkssprachlichen Derivate der Liturgie im Bereich der Tagzeitentexte. Für diese ist das Stundengebet des Klerus das formgebende Muster, hinter welchem das Ideal des bestmöglichen Gotteslobes steht, an welchem es durch ebendiese Verbindung zur Liturgie potentiell auch partizipiert. Insofern sind in diesem Vermittlungs- (Geistliche geben die ihnen vertraute Struktur des Gebetsrhythmus an weitere Kreise weiter) beziehungsweise Aneignungsprozess (noch genauer zu definierende Gruppen haben trotz der Verwendung der Volkssprache an Liturgischem teil) mehrere Stufen von Lehren und Lernen greifbar. Die dabei verwendeten Texte sind zunächst einmal nicht als didaktische konzipiert, trotzdem kommt ihnen bald diese Funktion zu. Zudem entwickelt sich im späteren Mittelalter eine breite Tradition an 'Paratexten', welche ihrerseits auf die Verwendung der Texte des Stundengebetes hinführen und diese mitunter ausführlich erläutern. Das Spektrum dieser Texte reicht von kurzen Gebetsanweisungen bis hin zu ausführlichen Traktaten und Predigten zu Ablauf und Inhalt des Stundengebetes.
In meinem Vortrag möchte ich einzelne der oben skizzierten Stationen dieses Entwicklungsprozesses an konkreten Beispielen nachzeichnen und dabei auch der Frage nach möglichen Verwendungszusammenhängen der mittelhochdeutschen Tagzeitentexte nachgehen. Die meisten dieser Texte sind bisher unediert und unerforscht. In einem auf mehrere Jahre angelegten un Forschungsvorhaben arbeite ich diese Textgruppe momentan systematisch auf. Der Vortrag kann damit erste Einblicke in die Ergebnisse dieser Arbeit geben.
Matthews, Alastair: Die Inszenierung einer Antwort - Lohengrins Abschied?
Die Forschung zum 'Lohengrin' hat sich bisher hauptsächlich mit Fragen der Textentstehung und der Wolfram-Rezeption beschäftigt. Zu den wenigen untersuchten inhaltlichen Aspekten gehört hierbei das Frageverbot, welches man vor allem mit den Problemen des Ursprungs und der Herkunft im mittelalterlichen Genealogiediskurs zu verbinden pflegt. Es wird also zumeist vor dem Hintergrund zeitgenössischer Denkmuster außerhalb des Textes verstanden. Dieser Vortrag versucht nun darüber hinaus zu gehen, indem er sich der erzählerischen Inszenierung des Tabus mittels des Themas 'Lehren und Bilden' annähert. Lohengrin unterrichtet Elsam nämlich nicht nur vor der Hochzeit über das Frageverbot, sondern eröffnet ihr auch seinen Namen und seine Herkunft, als sie später in Zweifel gerät und diese zu erfahren verlangt. Der Vorgang des Lehrens in diesen Episoden soll mit Blick auf Themen wie Raum, Körperlichkeit und Präsenz erläutert werden. Es soll gezeigt werden, dass sich der Lohengrin-Dichter nicht nur für das Motiv des Frageverbots in seiner genealogischen Bedeutung, sondern auch und gerade für seine Inszenierung im Verlauf der Erzählung interessiert.
Mossman, Stephen: Wie lernte man aus der Predigt?
Seit den achtziger Jahren ist die deutschsprachige Predigt Gegenstand intensiver Forschung geworden. Dabei wurde der Abstand zwischen überliefertem Text und tatsächlich gehaltener Predigt immer wieder betont; der literaturwissenschaftliche Zugang zu den Texten rückt die Predigt in die Nähe verwandter Gattungen (z. B. Traktat oder geistlicher Sendbrief), von denen die Predigt nur durch Spuren der (fingierten) Mündlichkeit getrennt wird. Versucht man zu verstehen, wie durch die Predigt gelehrt und – vor allem – gelernt wurde, so ist man auf textinterne Kriterien angewiesen; die Verbindung zwischen Prediger und Rezipient wird nicht als eine Beziehung zwischen Vorleser und Zuhörer konzipiert, sondern zwischen Text (Stichwort: ,Lesepredigt’) und Leser.
Anders dagegen ist die Perspektive der Forschung zur lateinischen Predigt. Das Phänomen der reportationes, protokollarischer Mitschriften tatsächlich gehaltener Predigten, erlaubt einen anderen Zugang zur mittelalterlichen Predigtweise, vor allem in den Bereichen der Pariser Universität des 13. Jhs. und der norditalienischen Städten des 15. Jhs, in denen sich stenographisch geschulte Studenten bzw. Stadtschreiber befanden. Die Tatsache aber, daß reportationes nur einen sehr individuellen Blick auf den Prediger erlauben, wird bisher immer als Hindernis betrachtet, das Metier der Prediger und die Performativität der spätmittelalterlichen Predigt zu untersuchen, und nicht wirklich als Chance aufgegriffen, Aufmerksamkeit auf die Rezeption der Predigt durch die vom Schreiber vertretenen Zuhörer zu lenken. Im Falle der deutschsprachigen Predigt gilt jedoch als unbestrittene Wahrheit die Feststellung, daß keine reportationes überliefert sind.
Mit den lateinischen Predigtmitschriften vergleichbare reportationes gibt es aus dem Bereich der in deutscher Sprache gehaltenen Predigt in der Tat nicht, was aber nicht heißt, daß gar keine literarischen Zeugnisse solcher tatsächlich gehaltener Predigten überliefert sind. Die nicht sehr vielversprechend betitelten Zitatensammlungen der um 1400 entstandenen Berliner Handschriften SBB-PK, Ms. germ. quart. 171, Bl. 352r-391v und Ms. germ. oct. 69, 2r-38v, enthalten – erstaunlicherweise – vermutlich aus dem Gedächtnis zitierten Absätze verschiedener Predigten, die in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts von mehr als 40 zum größten Teil namentlich genannten Predigern in Straßburg gehalten wurden, einer Stadt mit besonderer Bedeutung für die Forschung zur spätmittelalterlichen Predigtkultur. Abgesehen von einem aufschlußreichen Artikel von Hans-Jochen Schiewer im Verfasserlexikon sind die Zitatensammlungen bisher weitgehend unerforscht geblieben. Durch eine Fallstudie zu den Zitatensammlungen geht der Vortrag der Frage nach, wie man aus der Predigt lernte, und wie man das Erlernte in einem zweiten Schritt durch seine Verschriftlichung weitertradierte. Das Augenmerk richtet sich in erster Linie nicht auf den thematischen Inhalt der Zitatensammlungen, sondern auf ihre Form. Schon nach einer kursorischen Lektüre läßt sich z. B. die Behauptung verneinen, es seien nur die leicht memorisierbaren Exempel und nummerierten Listen, die nach der Predigt in der Erinnerung blieben. Es wird versucht, durch eine Analyse der in den Zitatensammlungen aufbewahrten Texttypen einen neuen Zugang zur spätmittelalterlichen Predigt in deutscher Sprache zu eröffnen, mit dem Blick zum ersten Mal auf den Lernprozess aus der Sicht des Rezipienten.
Anders dagegen ist die Perspektive der Forschung zur lateinischen Predigt. Das Phänomen der reportationes, protokollarischer Mitschriften tatsächlich gehaltener Predigten, erlaubt einen anderen Zugang zur mittelalterlichen Predigtweise, vor allem in den Bereichen der Pariser Universität des 13. Jhs. und der norditalienischen Städten des 15. Jhs, in denen sich stenographisch geschulte Studenten bzw. Stadtschreiber befanden. Die Tatsache aber, daß reportationes nur einen sehr individuellen Blick auf den Prediger erlauben, wird bisher immer als Hindernis betrachtet, das Metier der Prediger und die Performativität der spätmittelalterlichen Predigt zu untersuchen, und nicht wirklich als Chance aufgegriffen, Aufmerksamkeit auf die Rezeption der Predigt durch die vom Schreiber vertretenen Zuhörer zu lenken. Im Falle der deutschsprachigen Predigt gilt jedoch als unbestrittene Wahrheit die Feststellung, daß keine reportationes überliefert sind.
Mit den lateinischen Predigtmitschriften vergleichbare reportationes gibt es aus dem Bereich der in deutscher Sprache gehaltenen Predigt in der Tat nicht, was aber nicht heißt, daß gar keine literarischen Zeugnisse solcher tatsächlich gehaltener Predigten überliefert sind. Die nicht sehr vielversprechend betitelten Zitatensammlungen der um 1400 entstandenen Berliner Handschriften SBB-PK, Ms. germ. quart. 171, Bl. 352r-391v und Ms. germ. oct. 69, 2r-38v, enthalten – erstaunlicherweise – vermutlich aus dem Gedächtnis zitierten Absätze verschiedener Predigten, die in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts von mehr als 40 zum größten Teil namentlich genannten Predigern in Straßburg gehalten wurden, einer Stadt mit besonderer Bedeutung für die Forschung zur spätmittelalterlichen Predigtkultur. Abgesehen von einem aufschlußreichen Artikel von Hans-Jochen Schiewer im Verfasserlexikon sind die Zitatensammlungen bisher weitgehend unerforscht geblieben. Durch eine Fallstudie zu den Zitatensammlungen geht der Vortrag der Frage nach, wie man aus der Predigt lernte, und wie man das Erlernte in einem zweiten Schritt durch seine Verschriftlichung weitertradierte. Das Augenmerk richtet sich in erster Linie nicht auf den thematischen Inhalt der Zitatensammlungen, sondern auf ihre Form. Schon nach einer kursorischen Lektüre läßt sich z. B. die Behauptung verneinen, es seien nur die leicht memorisierbaren Exempel und nummerierten Listen, die nach der Predigt in der Erinnerung blieben. Es wird versucht, durch eine Analyse der in den Zitatensammlungen aufbewahrten Texttypen einen neuen Zugang zur spätmittelalterlichen Predigt in deutscher Sprache zu eröffnen, mit dem Blick zum ersten Mal auf den Lernprozess aus der Sicht des Rezipienten.
Palmer, Nigel F.: Aedificatio, dt. - Bildung durch Gebet am Ende des Mittelalters.
Das 'Gebetbuch der Ursula Begerin' (Strassburg um 1480-1490) enthält eine Reihe von Gebeten, in denen der Weg zum Heil mit Bau-Metaphorik beschrieben wird. So wie die Arche mit quadratischen Hölzern (=Tugenden) gebaut, innen und aussen mit Leim (= Liebe) verschmiert wird (usw.), so möchte die betende Nonne eine solche Arche der Tugenden in ihrem Inneren errichten. Als Ausgangspunkt für die Untersuchung möchte ich das zugrunde liegende Konzept der 'inneren Bildung' (Aedificatio) in diesem sehr anspruchsvollen und mit literarischem Ehrgeiz verfassten Gebetszyklus analysieren und in der zugrunde liegenden lateinischen und deutschen Traditionen situieren. Inwieweit kann man dieses Ergebnis verallgemeinern? Wie wird die 'innere Bildung' in der sonstigen Literatur der Zeit und in anderen Werken derselben Gattung
(Gebetszyklus) thematisiert? Ich muss auf die Suche gehen, - würde aber systematisch vorgehen wollen und vorerst probeweise zwei oder drei Denkmäler heranziehen, wo man ein Interesse für das 'Innenleben des Menschen' vermuten würde. Ein vielversprechender, aber bisher nie aus literarischer Perspektive untersuchter Gebetszyklus wäre die umfangreiche Sammlung, die Johannes von Indersdorf für Elisabeth Ebran verfasste. Auch die Anselm-Übersetzungen aus dem Umfeld des österreichischen Herzogshofs kämen in Frage. Es besteht natürlich das Risiko, dass ich nicht sofort fündig werde, aber ich bin der Ansicht, dass es sich bei dem Begriff der 'Aedificatio' um ein zentrales Konzept der spätmittelalterlichen Gebetsliteratur handelt, wo noch Grundlagenarbeit zu leisten ist.
(Gebetszyklus) thematisiert? Ich muss auf die Suche gehen, - würde aber systematisch vorgehen wollen und vorerst probeweise zwei oder drei Denkmäler heranziehen, wo man ein Interesse für das 'Innenleben des Menschen' vermuten würde. Ein vielversprechender, aber bisher nie aus literarischer Perspektive untersuchter Gebetszyklus wäre die umfangreiche Sammlung, die Johannes von Indersdorf für Elisabeth Ebran verfasste. Auch die Anselm-Übersetzungen aus dem Umfeld des österreichischen Herzogshofs kämen in Frage. Es besteht natürlich das Risiko, dass ich nicht sofort fündig werde, aber ich bin der Ansicht, dass es sich bei dem Begriff der 'Aedificatio' um ein zentrales Konzept der spätmittelalterlichen Gebetsliteratur handelt, wo noch Grundlagenarbeit zu leisten ist.
Sahm, Heike: Anweisung und Redeschmuck: Untersuchungen zur Ästhetisierung der Sachprosa im spätmittelalterlichen Nürnberg
Aus dem Nürnberg des 15. Jahrhunderts ist ein breites Angebot von Texten aus dem Bereich der artes mechanicae in Handschrift und Druck überliefert. Viele dieser bislang kaum untersuchten subakademischen Texte halten städtisches Erfahrungs-wissen fest; ihre Autoren kommen aus dem Handwerk. Diese Fachliteratur hat dem-nach einen sozialen Entstehungshintergrund, der dem anderer genuin städtischer Gattungen wie Meistergesang, Fastnachtspiel, Märe usw. vergleichbar ist.
In meinem Beitrag möchte ich die Schnittstellen zwischen Handwerkerdichtung und Fachliteratur untersuchen. Dabei geht es einerseits um die Frage, inwiefern Fachwissen und Fachvokabular in Märe, Priamel usw. aufgegriffen werden, anderer-seits um die Frage nach der Ästhetisierung der Fachliteratur. Inwiefern werden Ele-mente der Rhetorik wie der Vergleich, Redewendungen, Sprichwörter, Metaphern, Topik, Exempel oder Paarformeln in der Fachprosa verwendet? Auch im Bereich der Textstruktur sind Parallelen zwischen Fachprosa und Handwerkerdichtung zu erwarten (Dialog, Katalog, Kompilation).
Mit der Analyse wird zu zeigen sein, dass einerseits die Übergänge zwischen Hand-werkerdichtung und Fachprosa fließend sind: Hans Folz beispielweise publiziert ein Pestregimen in Prosa und eines in Versen. Ein Priamel kann bekanntes Erfahrungs-wissen, aber auch gelehrtes Fachwissen transportieren. Andererseits wird erkenn-bar, dass gerade die Ästhetisierung der Fachliteratur einen Ansatzpunkt zu ihrer Parodie eröffnet. Hans Folz hat nicht nur diätetische Schriften veröffentlicht, sondern auch einen parodistischen Almanach und ‚Spottrezepte eines griechischen Arztes‘, daneben sind Prognostiken ein beliebter Gegenstand der Parodie. Es wird zu zeigen sein, dass die Parodien mit den sprachlichen Mitteln der Fachliteratur (direktive Sprechakte, Metaphern, Vergleich, Dialogform) arbeiten und ein gemeinsamer Ziel-punkt der Satire die Autorität der Verfasser von Fachliteratur ist.
In meinem Beitrag möchte ich die Schnittstellen zwischen Handwerkerdichtung und Fachliteratur untersuchen. Dabei geht es einerseits um die Frage, inwiefern Fachwissen und Fachvokabular in Märe, Priamel usw. aufgegriffen werden, anderer-seits um die Frage nach der Ästhetisierung der Fachliteratur. Inwiefern werden Ele-mente der Rhetorik wie der Vergleich, Redewendungen, Sprichwörter, Metaphern, Topik, Exempel oder Paarformeln in der Fachprosa verwendet? Auch im Bereich der Textstruktur sind Parallelen zwischen Fachprosa und Handwerkerdichtung zu erwarten (Dialog, Katalog, Kompilation).
Mit der Analyse wird zu zeigen sein, dass einerseits die Übergänge zwischen Hand-werkerdichtung und Fachprosa fließend sind: Hans Folz beispielweise publiziert ein Pestregimen in Prosa und eines in Versen. Ein Priamel kann bekanntes Erfahrungs-wissen, aber auch gelehrtes Fachwissen transportieren. Andererseits wird erkenn-bar, dass gerade die Ästhetisierung der Fachliteratur einen Ansatzpunkt zu ihrer Parodie eröffnet. Hans Folz hat nicht nur diätetische Schriften veröffentlicht, sondern auch einen parodistischen Almanach und ‚Spottrezepte eines griechischen Arztes‘, daneben sind Prognostiken ein beliebter Gegenstand der Parodie. Es wird zu zeigen sein, dass die Parodien mit den sprachlichen Mitteln der Fachliteratur (direktive Sprechakte, Metaphern, Vergleich, Dialogform) arbeiten und ein gemeinsamer Ziel-punkt der Satire die Autorität der Verfasser von Fachliteratur ist.
Schultz-Balluff, Simone: anwysunge und lehre – Zur Funktionalisierung von ‚St. Anselmi Fragen an Maria‘
‚St. Anselmi Fragen an Maria‘ ist einer der am reichsten überlieferten Texte des deutschen Mittelalters. Mit 199 Handschriften und 39 Drucken und in allen Varietäten des Deutschen verfasst, zeichnet sich eine breite Rezeption ab: in Männer‐ wie in Frauenklöstern aller Ordensrichtungen sowie im weltgeistlichen und weltlichen Bereich des deutschsprachigen Raums. Der Text liegt als Versfassung und Prosafassung in jeweils unterschiedlichen Längen vor, d.h. die Passion Jesu als stabiler Erzählkern erhält Ausweitungen, die fassungskonstituierend sind. Variierende Explicits und Vor‐ und Nachsätze geben über den Einsatz und den Nutzen des Textes Auskunft. Durch eine Auswertung der Metatexte und Sammelkontexte lässt sich daher ein differenziertes Bild von der Vielfalt der lehrhaften Funktionalisierung spätmittelalterlicher geistlicher Literatur zeichnen. Auffällig ist die Bandbreite der Formulierungen, mit denen der Nutzen des Textes für die Rezipierenden zu Anweisung und Lehre hervorgehoben wird, wenn es z.B. in einer Handschrift des 15. Jahrhunderts heißt: darnach hebit sich vil guter vragin das der werde lehrer anshelmus hat gevrait der koninginen marie vmb vnser anwysunge willen vnd er vortbeschrebin hat in der heyligin schriefft vns geloubigin czu eyner gotlichin lehren (Hs. Georg. 24,8° (4°), fol. 103r, 8‐16, Anhaltische Landesbücherei Dessau). Die anwysunge bezieht sich auf den Text in seiner Gesamtheit und perspektiviert damit die Rolle des Textes im Rahmen seiner Rezeption. Andere Vor‐ und Nachsätze bieten Hinweise auf Ablass und Seelenreinigung, Gottes Gnade und Hilfe oder einfach nur Freude und Glück: Vnd wer daz puchl list/ der hat gelück zu aller frist. Hinweise auf die Kontexte der Herstellung und Angaben zur Rezeption runden das Bild ab, so dass sich ein weites Spektrum von Gebrauchssituationen zwischen klerikal und laikal, klösterlich und weltlich aufspannt. Die deutschen Fassungen des Traktats sind mit Ausnahme der Drucke fast ausschließlich in Sammelhandschriften überliefert, denen teilweise eine Rolle als Andachtsbüchlein für den privaten Gebrauch zugedacht war. In jedem dieser Überlieferungsträger wird das Grundanliegen der 'Fragen', die Passion Jesu zu schildern und compassio mit der Gottesmutter zu lehren, neu kontextualisiert und damit auch die ‚Anweisung‘ neu gefasst. Es stellt sich die Frage a) nach den Mitteln und den Strategien, einen Text zu funktionalisieren und anzupassen, b) danach, wie sich dies an der Textform und Überlieferung nachweisen lässt, und c) inwiefern die überwiegend varietätenbezogene Varianz im Bereich des Wortschatzes eine Rolle spielt. Die Frage nach einer Um‐ Funktionalisierung setzt dabei auch eine Reflexion darüber voraus, ob dem Text grundsätzlich eine Funktion eingeschrieben ist und durch welche Mittel eine Neuausrichtung erfolgen kann. In meinem Beitrag möchte ich daher das sprachliche, textliche und überlieferungsträgerbezogene Arrangement der „komplexen lehrhaften Textgebilde“ untersuchen und die unterschiedlichen avisierten Strategien der Anweisung herausarbeiten.
Shields, Michael: Eberhards von Cersne Lehre von der Musik und von der Minne
Eberhards Buch Der Minne Regel (ca.1404) erzählt in lehrhaftem Duktus - halb tractat mit Inhaltsverzeichnis und Liedanhang, halb Minnerede - von der Ausbildung des Erzählers zum Lehrer der Minne. Seine Lehrerin ist nichts anderes als der allegorisierte Lehrgegenstand selbst: seine Minnekönigin, so dass sein abschließender ritterlicher Kampf um den vollständigen Katalog der Minneregeln, den er dem König Sydrus abringen und der Königin überreichen kann, nicht nur als allegorisierte Darstellung seines Plagiats an Andreas Capellanus sondern auch als der Kampf um Wissensstoff verstanden werden kann. Dabei fällt auf, dass Eberhards Modell der Minnewissenschaft stark nach dem Muster der ihm vertrauten Musikwissenschaft konzipiert ist: so, wie die Musikwissenschaft den Menschen vom Tier unterscheidet (Augustinus), sollen die Menschen die von Eberhart erkämpften Minneregeln befolgen, vff daz sy nicht den tyeren/ Gelich der mynne walden (4726-7).
Als Vertreter der Gattung ‚Minnerede‘ ist Der Minne Regel nicht nur abnormal stark „von Minnekasuistik beherrscht“ (I. Glier[9]) sondern auch beseelt von dem wissenschaftlichem Optimismus, dass die Regeln des Paradieses technisch erfassbar und lehrbar seien. So, wie die von dem um 1404 wohl 24jährigen Eberhard dargestellte neue Musikwissenschaft technisch in der Lage ist, ein dissonanzfreies Klaviaturentemperament zu setzen (Musikexkurs, 403-494), soll auch die vollständige Liste der Minneregeln ein geglücktes Bewältigen der Liebe technisch realisierbar machen. Mein Beitrag wird eine verbesserte technische Erklärung des für die Grundkonzeption des Werks zentralen, bisher unbefriedigend aufgeschlüsselten[10] Musikexkurses bieten und zu vergleichbaren musikwissenschaftlichen Diskursen in Bezug setzen (Virdung, Musica getutscht), um dann den Lern- und Lehrhaltungen des musikwissenschaftlich, botanisch und gemmologisch vorgebildeten, aber nicht allwissenden Erzählers nachzugehen.
Als Vertreter der Gattung ‚Minnerede‘ ist Der Minne Regel nicht nur abnormal stark „von Minnekasuistik beherrscht“ (I. Glier[9]) sondern auch beseelt von dem wissenschaftlichem Optimismus, dass die Regeln des Paradieses technisch erfassbar und lehrbar seien. So, wie die von dem um 1404 wohl 24jährigen Eberhard dargestellte neue Musikwissenschaft technisch in der Lage ist, ein dissonanzfreies Klaviaturentemperament zu setzen (Musikexkurs, 403-494), soll auch die vollständige Liste der Minneregeln ein geglücktes Bewältigen der Liebe technisch realisierbar machen. Mein Beitrag wird eine verbesserte technische Erklärung des für die Grundkonzeption des Werks zentralen, bisher unbefriedigend aufgeschlüsselten[10] Musikexkurses bieten und zu vergleichbaren musikwissenschaftlichen Diskursen in Bezug setzen (Virdung, Musica getutscht), um dann den Lern- und Lehrhaltungen des musikwissenschaftlich, botanisch und gemmologisch vorgebildeten, aber nicht allwissenden Erzählers nachzugehen.
Simon, Anne: Da vand mā auff seiner zungen geschriben. Aue maria: Gebet als Unterricht und Unterricht zum Gebet in spӓtmittelalterlichem Nürnberg
Im Kapitel ‚Von vnser lieben frawen verkundung‘ der im Jahr 1488 vom Nürnberger Drucker und Verleger Anton Koberger veröffentlichten Ausgabe der Heiligen Leben findet man die übliche Didaktik: die Reinheit und Gehorsamkeit Mariӓ als Voraussetzung für ihre Rolle als Gottesmutter, das fleischgewordene Gotteswort Christum als Heil der Menschheit, die Keuschheit und Demut Josephs und Elizabeths als umrahmendes Tugendmuster der heiligen Sippe. Die Lehre wird sowohl textlich – durch einfache Erzӓhlung, durch den Dialog Mariӓ mit Gabriel und anschließend Elizabeth – als auch bildlich – durch die Darstellung des Engelsgrußes am Kapitelanfang – vermittelt, wobei sie durch die betonte Bildlichkeit der Sprache weiter eingeprӓgt wird: Der gӓngige Lob der Jungfrau als der klar hymelstern wird, zum Beispiel, konkret realisiert, wenn Kaiser Augustus durch einen als Jungfrau mit Kind auf dem Arm-förmigen Stern von der Geburt Christi erfӓhrt. Diese Bildlichkeit der Sprache wird in den angeschlossenen Wundergeschichten fortgesetzt: zum Beispiel wird die Seele eines Diebes allein dadurch gerettet, daß die von ihm im Augenblick seines Todes gesprochenen Wörter Aue maria buchstӓblich auf der Zunge geschrieben stehen. Überhaupt wird bei diesen Wundergeschichten weniger die rettende Macht der Jungfrau als die des Aue maria-Gebets betont, und die Geschichten bieten hauptsӓchlich eine Einweisung in die korrekte, von der Gottesmutter selbst beigebrachte Art und Weise des Betens und dessen heilende, transformative Wirkung an, wichtig, weil das richtige Beten des Aue maria als sakralen Inhalts des Rosenkranzes eine ‘Technik zur Schulung des inneren Menschen; Hilfe, Tugende einzuüben, Affekte zu regulieren und sich selbst zu disziplinieren’, bildet.[11] Am Kapitelschluß steht sogar ein die Botschaft der Verkündigung zusammenfassendes, ins Alltagsleben des Lesers transportierbares, gedӓchtnis- und andachtstützendes „Übungsgebet“. Die Anbetung Mariӓ ist religionsgeschichtlich nichts Neues, steht aber hier im Rahmen des neu aufblühenden Kultes der Jungfrau und des Rosenkranzes, dem das am 8. Dezember 1476 durch Sixtus IV. angekündigte Dogma der unbefleckten Empfӓngnis einen entscheidenden Ansporn gab. Ab 1479/80 erschienen Andachtsschriften zum Rosenkranz, um 1490 wurde dessen Kult von den Nonnen des Katharinenklosters in Nürnberg eingeführt, 1499 wurde die Verkundung des englischen grus mit einem andechtigen gepet (mitsamt Verkündigungsholzschnitt aus Kobergers Heiligen Leben) in Nürnberg veröffentlicht, 1501 brachte der Stadtarzt Ulrich Pindar den mit Holzschnitten von Hans Baldung Grien, Hans Schäufelein, Wolf Traut und Hans Süß von Kulmbach illustrierten Beschlossen gart des rosenkranz Mariae für die neu gegründete Nürnberger Rosenkranzbruderschaft heraus, 1503 wurde eine Ablaßpredigt über den Rosenkranz in der Lorenzkirche gehalten, echte Rosenkrӓnze hingen in den Kirchen Nürnbergs und 1517 gab der mӓchtige Patrizier und vorderste Lösunger Anton II Tucher bei Veit Stoß den vom Rosenkranz umrahmten Englischen Gruß in Auftrag, der seitdem ununterbrochen im Chor der Lorenzkirche hӓngt. Anhand der gegenseitigen Beeinflussung textlicher (Der Heiligen Leben, Verkundung des englischen grus) und bildlicher Zeugnisse der Verkündigung als „Auslöser des Lehrens, Lernens und Bildens“ wird dieser Beitrag Folgendes untersuchen: 1) die Einweisung ins richtige, d.h. wirksame Beten und dessen Belohnung; 2) das Beten als theologischen Unterricht sowie Selbstschulung des Individuums; 3) den Gebrauch des die Verkündigungslehre verkörpernden Rosenkranzes zur Bildung einer identitӓtsstiftenden Religiositӓt unter der sippen- und statusbewußten stӓdtischen Bevölkerung; 4) die Rolle des Mariengebets als belehrendes Versprechen des gnadenreichen Schutzes der Jungfrau wӓhrend der kriegerischen, religiösen und wirtschaftlichen Unruhen an der Schwelle zur Reformation.
Volfing, Annette: Nv male selbe eyn bilde wer sol dich daz leren. kunst- und Wissenstransfer in der Jenaer Liederhandschrift
Die Sangspruchdichtung hat als ein primäres Anliegen die Konstruktion von intellektueller Autorität. Gleichzeitig postuliert sie die Übertragbarkeit ausgerechnet jenes Wissens, auf das sich die Autorität der Sprecherinstanz gründet.
In gewissem Maβe liegen diese beiden Anliegenmiteinander im Widerspruch: In dem Moment, in dem die Sprecherinstanz das Wissen, von dem sie in Anspruch nimmt, es weniger Privilegierten vorauszuhaben, an andere weitergibt, verhilft sie diesen zumindest theoretisch zu einer ähnlichen Autorität, und untergräbt so ihre eigene Stellung. Dagegen ließe sich argumentieren, dass das Wissen in der Sangspruchdichtung keine unpersönliche intellektuelle Ware darstellt, die sich ohne weiteres weitergeben lässt: Die in der Verpackung didaktischer Inhalte angewandte Kunst ist nicht transferierbar, da sie eng mit moralischen, emotionalen und ästhetischen Erwägungen verknüpft ist, über praktische Aspekte metrischer und musikalischer Kunstfertigkeit verfügt und letztendlich auch von den (sich teilweise überschneidenden) Persönlichkeiten von Sänger und Dichter abhängt.
Der Vortrag, der auf neuere Arbeiten zur Poetik der Sangspruchdichtung (Obermaier, Lauer, Burkard) zurückgreift, wird untersuchen, wie die Jenaer Liederhandschrift mit der problematischen Beziehung zwischen der Individualität der Sprecherinstanzen und der Transferierbarkeit der von ihnen mitgeteilten Inhalte umgeht. Der Topos des Sängerkriegs oder der literarischen Fehde hat darüberhinaus Auswirkungen darauf, wie
Sprecherinstanzen ihre Eigenprofile schärfen wollen, gleichzeitig aber die Prämisse aufstellen, dass Spruchdichter insgesamt eine geschlossene Elite bilden (“die Lehrer”), die den Zuhörern (“den Schülern”) diametral gegenübersteht.
Neben der Berücksichtigung einiger Sprüche als selbständige literarische Einheiten wird der Vortrag untersuchen, inwieweit die Anordnung der Handschrift bei diesen Fragen ausschlaggebend ist. Auf der einen Seite scheint sie die Individualität der einzelnen Dichter herunterzuspielen, indem sie die Sprüche nach Tönen anstatt nach Autorenschaft anordnet, auf der anderen Seite dient die Aufnahme des Wartburgkrieg-Materials dazu, die Sprecherinstanzen als literarische Figuren zu konstruieren, die ihr intellektuelles Eigentum gleichzeitig zur Schau stellen und beschützen wollen.
In gewissem Maβe liegen diese beiden Anliegenmiteinander im Widerspruch: In dem Moment, in dem die Sprecherinstanz das Wissen, von dem sie in Anspruch nimmt, es weniger Privilegierten vorauszuhaben, an andere weitergibt, verhilft sie diesen zumindest theoretisch zu einer ähnlichen Autorität, und untergräbt so ihre eigene Stellung. Dagegen ließe sich argumentieren, dass das Wissen in der Sangspruchdichtung keine unpersönliche intellektuelle Ware darstellt, die sich ohne weiteres weitergeben lässt: Die in der Verpackung didaktischer Inhalte angewandte Kunst ist nicht transferierbar, da sie eng mit moralischen, emotionalen und ästhetischen Erwägungen verknüpft ist, über praktische Aspekte metrischer und musikalischer Kunstfertigkeit verfügt und letztendlich auch von den (sich teilweise überschneidenden) Persönlichkeiten von Sänger und Dichter abhängt.
Der Vortrag, der auf neuere Arbeiten zur Poetik der Sangspruchdichtung (Obermaier, Lauer, Burkard) zurückgreift, wird untersuchen, wie die Jenaer Liederhandschrift mit der problematischen Beziehung zwischen der Individualität der Sprecherinstanzen und der Transferierbarkeit der von ihnen mitgeteilten Inhalte umgeht. Der Topos des Sängerkriegs oder der literarischen Fehde hat darüberhinaus Auswirkungen darauf, wie
Sprecherinstanzen ihre Eigenprofile schärfen wollen, gleichzeitig aber die Prämisse aufstellen, dass Spruchdichter insgesamt eine geschlossene Elite bilden (“die Lehrer”), die den Zuhörern (“den Schülern”) diametral gegenübersteht.
Neben der Berücksichtigung einiger Sprüche als selbständige literarische Einheiten wird der Vortrag untersuchen, inwieweit die Anordnung der Handschrift bei diesen Fragen ausschlaggebend ist. Auf der einen Seite scheint sie die Individualität der einzelnen Dichter herunterzuspielen, indem sie die Sprüche nach Tönen anstatt nach Autorenschaft anordnet, auf der anderen Seite dient die Aufnahme des Wartburgkrieg-Materials dazu, die Sprecherinstanzen als literarische Figuren zu konstruieren, die ihr intellektuelles Eigentum gleichzeitig zur Schau stellen und beschützen wollen.
Wolf, Gerhard: Historia magistra vitae? Wissensvermittlung und Didaxe in der deutschen Geschichtsepik
Das Thema des Nottinghamer Colloquiums wirft implizit eine Fragestellung auf, die trotz der aktuellen Diskussion um den Beitrag der deutschen Dichtung des Mittelalters und der Frühen Neuzeit zur Konstituierung und Weitergabe spezifischer Wissenscorpora bislang nur ansatzweise behandelt ist, nämlich nach dem Verhältnis zwischen Erzählung und Wissensvermittlung bzw. Didaxe. Beides lässt sich in den meisten Texten nicht klar von einander trennen, aber dennoch gibt es Partien wie die ‚Kleiderstrophen‘, ‚Modejournale‘ oder Jagdszenen, die für die syntagmatische Dimension eines Textes wenig beitragen und stattdessen auf einer paradigmatischen Ebene eigenständige Diskurse auszufalten scheinen. Dazu zu zählen sind auch jene Wissensbereiche, die im prologus praeter rem eines Werkes thematisiert werden. Freilich ist es nicht einfach zu bestimmen, welche Funktion derartige Partien haben. So lässt sich der rhetorische Prunk eines Prologs oder jene anderen wissensvermittelnden Partien mit dem Bedürfnis des Autors nach der Demonstration seiner Gelehrsamkeit ebenso erklären wie mit dem Ziel einer wirksamen moralisch-ethisch, religiös oder politisch und gesellschaftlich motivierten Normvermittlung. Bloße Normvermittlung wiederum ist nicht zu verwechseln mit einer ausgefeilten Didaxe, die sich rhetorischer und literarischer Strategien bedient, um Wissen dauerhaft zu vermitteln und beim Rezipienten fruchtbar zu machen. Die Bestimmung der Funktion einzelner, von der Handlung relativ autonomer Wissensbereiche ist angesichts der Polyvalenz der betreffenden Stellen nicht trivial. So kann syntagmatisch die berühmte furkîe in Gottfrieds Tristanroman als Beleg für die ‚Künstlerqualität‘ des Protagonisten und in der Analogie von ars venandi und ars amandi als Vorausdeutung auf sein weiteres Schicksal gelesen werden; ob darüber hinaus auch ein Wissen über konkrete Jagdfertigkeiten tradiert werden soll und damit gar eine pragmatische Handlungsanweisung verbunden ist, erklärt sich nicht von selbst; zumindest müsste geklärt werden, wie etwa im Vergleich mit der einschlägigen Sachliteratur solche Angaben konkret umsetzbar sind. Auch wäre zu überlegen, ob es Gottfried weniger auf die Wissensvermittlung als auf die Demonstration seiner Kenntnis der französischen Hofnorm ankam.
Da der Ausschreibung sichtbar ein erweiterter Literaturbegriff zugrunde liegt, der sich nicht auf fiktionale Texte im engeren Sinn beschränkt, erscheint es sinnvoll, sich Texten zuzuwenden, die zwar einerseits eindeutig eine narrative Ausrichtung besitzen, die andererseits aber tatsächlich explizit als Ziel für sich in Anspruch nehmen, dem Leser ein (historisches) Wissen zu vermitteln, aus dem er Schlussfolgerungen für sein eigenes Handeln ziehen kann: die sog. deutsche Geschichtsepik. Während in der fiktionalen Literatur die paradigmatischen Wissenssplitter und -elemente nur in die syntagmatische Ebene eingelagert sind, scheint es hier genau umgekehrt zu sein, die Wissenstradierung und die Lehre anhand der Vergangenheit dominiert die Erzählung. Insofern bietet die Untersuchung der Geschichtsepik die Möglichkeit die Relevanz der Didaxe und ihr Verhältnis zur Wissenstradierung quasi gegenzulesen und so ihre Bedeutung gattungsübergreifend zu bestimmen. Zudem stellt sich in der Geschichtsepik die auch für die fiktionale Literatur im engeren Sinn aufgeworfene Frage nach dem Verhältnis von syntagmatischer und paradigmatischer Dimension, nach dem Verhältnis von Narration und Wissensvermittlung bzw. Belehrung noch radikaler: Eine ästhetisch anspruchsvolle Narration, vor allem in versifizierender Form, verträgt sich nicht leicht mit einer Wiedergabe der Vergangenheit sine ira et studio, lässt sich vor allem aus der Vergangenheit nicht ohne Weiteres eine Lehre für die Zukunft ableiten. Hinzu kommt noch, dass auch die Auftraggebersituation und etwaige Repräsentationserwartungen eben solchen didaktischen Intentionen widersprechen können; etwa wenn der Autor versucht, die Vergangenheit zu exemplifizieren und sich dazu auch mit negativen historischen Ereignissen aus der Geschichte seiner Auftraggeber befasst.
Im Zentrum des Vortrags steht also die Frage, inwieweit sich in der Geschichtsepik überhaupt historische Wissensbestände dazu eignen, belehrende Zwecke zu erfüllen. Dies soll anhand eines diachronen Überblicks auf die Gattung ‚Geschichtsepik‘ versucht werden, wobei es sinnvoll erscheint, sich angesichts der Stoffmenge zunächst auf jene Passagen zu beschränken, in denen die Autoren selbst über die Funktion ihrer Werke reflektieren und eventuell auch die Spannungen zwischen Wahrheit und Lehre, Neutralität des Historikers und Abhängigkeit von den Auftraggebern thematisieren. Einbezogen werden soll dabei auch die Untersuchung der abweichenden Schreibweisen des Historikers und Didaktikers.
Im Einzelnen gilt es zu untersuchen, ob sich in den als explizit didaktisch oder poetologisch zu klassifizierenden Passagen der zu behandelnden Texte die Spannung zwischen historischer Wahrheit, Narration und Didaxe abbildet und wie diese jeweils explizit oder implizit bewältigt wird. Zu fragen ist ferner danach, welches Wissen konkret vermittelt werden soll, welche ethisch-moralischen Maximen durch die narrative Darstellung der Vergangenheit weitergegeben werden, wie die den artes verpflichtete Disziplin der historia mit dem Wahrheitsanspruch und einem etwaigen Lehrziel umgeht, wie ein möglicher Konflikt zwischen den Anforderungen der memoria und der Didaxe bewältigt wird und ob politische Ziele sich hinter der Lehre verbergen.
Untersucht werden soll das Verhältnis von Wissensvermittlung und Didaxe anhand der zum nicht klar begrenzbaren Gattungsfeld ‚Geschichtsepik‘ (Reallexikon der dt. Literaturwissenschaft I, Sp. 712ff.) gehörenden zentralen Texte wie der Kaiserchronik, der Weltchronik des Rudolf von Ems, der Christherre-Chronik sowie der einschlägigen Chroniken Jansen Enikels und Heinrichs von München. Zum Vergleich werden herangezogen zeitgenössische lateinische Werke, als Beispiele für den Stand der Diskussion in der Frühen Neuzeit die Schwabenkriegschronik des Johann Lenz und die Baierische Chronik Aventins.
Da der Ausschreibung sichtbar ein erweiterter Literaturbegriff zugrunde liegt, der sich nicht auf fiktionale Texte im engeren Sinn beschränkt, erscheint es sinnvoll, sich Texten zuzuwenden, die zwar einerseits eindeutig eine narrative Ausrichtung besitzen, die andererseits aber tatsächlich explizit als Ziel für sich in Anspruch nehmen, dem Leser ein (historisches) Wissen zu vermitteln, aus dem er Schlussfolgerungen für sein eigenes Handeln ziehen kann: die sog. deutsche Geschichtsepik. Während in der fiktionalen Literatur die paradigmatischen Wissenssplitter und -elemente nur in die syntagmatische Ebene eingelagert sind, scheint es hier genau umgekehrt zu sein, die Wissenstradierung und die Lehre anhand der Vergangenheit dominiert die Erzählung. Insofern bietet die Untersuchung der Geschichtsepik die Möglichkeit die Relevanz der Didaxe und ihr Verhältnis zur Wissenstradierung quasi gegenzulesen und so ihre Bedeutung gattungsübergreifend zu bestimmen. Zudem stellt sich in der Geschichtsepik die auch für die fiktionale Literatur im engeren Sinn aufgeworfene Frage nach dem Verhältnis von syntagmatischer und paradigmatischer Dimension, nach dem Verhältnis von Narration und Wissensvermittlung bzw. Belehrung noch radikaler: Eine ästhetisch anspruchsvolle Narration, vor allem in versifizierender Form, verträgt sich nicht leicht mit einer Wiedergabe der Vergangenheit sine ira et studio, lässt sich vor allem aus der Vergangenheit nicht ohne Weiteres eine Lehre für die Zukunft ableiten. Hinzu kommt noch, dass auch die Auftraggebersituation und etwaige Repräsentationserwartungen eben solchen didaktischen Intentionen widersprechen können; etwa wenn der Autor versucht, die Vergangenheit zu exemplifizieren und sich dazu auch mit negativen historischen Ereignissen aus der Geschichte seiner Auftraggeber befasst.
Im Zentrum des Vortrags steht also die Frage, inwieweit sich in der Geschichtsepik überhaupt historische Wissensbestände dazu eignen, belehrende Zwecke zu erfüllen. Dies soll anhand eines diachronen Überblicks auf die Gattung ‚Geschichtsepik‘ versucht werden, wobei es sinnvoll erscheint, sich angesichts der Stoffmenge zunächst auf jene Passagen zu beschränken, in denen die Autoren selbst über die Funktion ihrer Werke reflektieren und eventuell auch die Spannungen zwischen Wahrheit und Lehre, Neutralität des Historikers und Abhängigkeit von den Auftraggebern thematisieren. Einbezogen werden soll dabei auch die Untersuchung der abweichenden Schreibweisen des Historikers und Didaktikers.
Im Einzelnen gilt es zu untersuchen, ob sich in den als explizit didaktisch oder poetologisch zu klassifizierenden Passagen der zu behandelnden Texte die Spannung zwischen historischer Wahrheit, Narration und Didaxe abbildet und wie diese jeweils explizit oder implizit bewältigt wird. Zu fragen ist ferner danach, welches Wissen konkret vermittelt werden soll, welche ethisch-moralischen Maximen durch die narrative Darstellung der Vergangenheit weitergegeben werden, wie die den artes verpflichtete Disziplin der historia mit dem Wahrheitsanspruch und einem etwaigen Lehrziel umgeht, wie ein möglicher Konflikt zwischen den Anforderungen der memoria und der Didaxe bewältigt wird und ob politische Ziele sich hinter der Lehre verbergen.
Untersucht werden soll das Verhältnis von Wissensvermittlung und Didaxe anhand der zum nicht klar begrenzbaren Gattungsfeld ‚Geschichtsepik‘ (Reallexikon der dt. Literaturwissenschaft I, Sp. 712ff.) gehörenden zentralen Texte wie der Kaiserchronik, der Weltchronik des Rudolf von Ems, der Christherre-Chronik sowie der einschlägigen Chroniken Jansen Enikels und Heinrichs von München. Zum Vergleich werden herangezogen zeitgenössische lateinische Werke, als Beispiele für den Stand der Diskussion in der Frühen Neuzeit die Schwabenkriegschronik des Johann Lenz und die Baierische Chronik Aventins.