Anglo-German Colloquium
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Das XXV. Anglo-German Colloquium findet vom 4. bis 8. September 2017 in Manchester statt.

veranstaltet von Sarah Bowden, Manfred Eikelmann, Stephen Mossman und Michael Stolz

Ausschreibung: Geschichte erzählen:
Strategien der Narrativierung von Vergangenheit in der deutschen Literatur des Mittelalters
 
Mit seiner einflussreichen Monographie Metahistory von 1973 rückte Hayden White die Geschichtsschreibung konsequent in den Blick der Erzählforschung. Er löste damit in der modernen Historiographie eine mitunter vehement geführte Diskussion zu den grundlegenden Prinzipien und dem Wahrheitsanspruch historisch ausgerichteter Studien aus, die bis heute nichts an ihrer Aktualität eingebüßt und eine neue Offenheit der Geschichtswissenschaft gegenüber literaturwissenschaftliche Fragestellungen bewirkt hat (Stichwort: ‚cultural turn‘). Parallel dazu arbeitete die ältere Germanistik an einer wegweisenden Erweiterung ihres Literaturbegriffs, die das Fach von der Beschäftigung mit einem bewährten Kanon zur Erschließung neuer Textsorten geführt hat, darunter auch die Geschichtsschreibung – ein Wissenshorizont, der in der zweiten Auflage des Verfasserlexikons (1978–2003) dokumentiert ist. Zugleich förderte das in den letzten Jahrzehnten in der germanistischen Literaturwissenschaft anwachsende Interesse an der Erzählforschung (Stichwort: ‚Narratologie‘) eine neuerliche Fokussierung auf den alten Kanon. Wenn sich die Narratologie mit faktualem Erzählen beschäftigt hat, so in erster Linie nur dazu, um durch den Vergleich den Merkmalen des fiktionalen Erzählens schärfere Konturen zu verleihen.
Diese Diskussion zur Abgrenzung fiktionalen und faktualen Erzählens soll im Rahmen des Kolloquiums jedoch nicht weiter verfolgt werden. Auch geht es nicht darum, die etwas ältere altgermanistische Debatte zum ‚Geschichtsbewusstsein in der Literatur des deutschen Mittelalters‘ zu wiederholen (vgl. dazu den aus einem früheren Anglo-German Kolloquium hervorgegangenen Band Geschichtsbewusstsein in der deutschen Literatur des Mittelalters, Tübingen 1985). Von Interesse sind vielmehr die Erzählstrategien, durch welche die von Gruppen und Kollektiven erfahrene bzw. erinnerte ‚Vergangenheit‘, ungeachtet ihrer faktischen Wahrheit, in das Konstrukt von ‚Geschichte‘ verwandelt wird. Der Horizont der jüngeren Erzählforschung soll dabei in der Weise zum Tragen kommen, dass die Darstellung von Geschichte stets an narrative Muster in großen oder kleinen Zusammenhängen gebunden ist: etwa an Metanarrative wie ‚Heilsgeschichte’, Erzählschemata von teleologischen bzw. zyklischen Abläufen bis hin zu narrativen Kleinformen wie etwa anekdotischem Erzählen.  
Der breite Anspruch des Vorhabens soll durch die Bevorzugung bestimmter Gattungen spezifiziert werden, die in dem skizzierten Bezugsrahmen eine neue Perspektivierung erfahren können. Es sind dies u.a.: Bibelepik; Chroniken; Antiken- und Artusromane; Exempla, Apophthegmata und andere Kleinformen. Darüber hinaus sollen wichtige Einzelwerke besprochen werden, in denen sich Erinnerungsräume öffnen und das Erzählen von Geschichte an konstitutiver Bedeutung gewinnt (z.B. durch Binnenerzählungen in fiktionalen Texten oder in der Visionsliteratur). Besonderes Gewicht im Programm sollen Texte wie die Kaiserchronik erhalten, die als frühhöfisches volkssprachiges Zeugnis eine paradigmatische Stellung im Spannungsfeld literarischen und historiographischen Erzählens einnimmt und die mit dem derzeit laufenden Editionsprojekt zugleich ein Musterbeispiel britisch-deutscher Zusammenarbeit in der germanistischen Mediävistik darstellt.
Für das Kolloquium werden sechs Themenbereiche vorgeschlagen:
 
  1. Konkurriende Ordnungsmuster und Vergegenwärtigungsstrategien, die den Erzählern für die Narrativierung von Vergangenheit und für die Konstruktion historischer Differenz zur Verfügung stehen (teleologische, genealogische, usf.).
  2. Narrative Erzählmuster, literarische Mittel zum Erzählen von Geschichte (Ursprungs-, Konflikt-, Untergangserzählung usw.); Stellenwert der Erzählinstanz, etwa in chronikalischen Texten im Vergleich zum höfischen Roman.
  3. Historische Semantik: Begrifflichkeit der Geschichtserzählung, mögliche Entwicklungen der ‚Terminologie‘ in historiographischen Werken, das Verhältnis von Latein und Volkssprache sowie dessen Thematisierung.
  4. Metaebenen des historiographischen Diskurses: explizite Thematisierung der Geschichtserzählung, Reflexion ihrer Möglichkeiten und Problematiken.
  5. Die identitätsstiftende Funktion des Erzählens, dies weniger im Sinne einer Funktionalisierung von Geschichte als im Blick auf die gruppen- und interessenspezifische bzw. parteiische Narrativierung von Vergangenheit (z. B. im Annolied, im Roman de Brut in ihrer Beziehung zum anglonormannischen Königshof, vielleicht auch in Gottfried Hagens Reimchronik der Stadt Köln).
  6. Das Verhältnis zwischen Geschichtserzählung und Rhetorik in unterschiedlichen mittelalterlichen Perioden, etwa im Kontext der Gelehrtenkultur des 15. Jahrhunderts (Stichwort: ‚Humanismus‘), in welcher der Bildungsgegensatz von Klerikern und Laien aufgehoben bzw. neu akzentuiert wurde.
 
Sarah Bowden [email protected]
Manfred Eikelmann [email protected]
Stephen Mossman [email protected]
Michael Stolz [email protected]
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